Mein Zitat fällt ja nicht einfach vom Himmel, es ist das Ergebnis der vorhergegangenen Erläuterungen. Wenn ich also falsch liege müsstest du einen Fehler in den vorhergegangenen Zeilen herausstreichen.
Der Reichtum einer Gesellschaft besteht in der Summe ihrer Möglichkeiten. Wenn eine Gesellschaft die Möglichkeit hat, sich in deinen Augen verdummende Güter zu leisten, ist das eine wohlhabendere Gesellschaft als eine, die diese Möglichkeit nicht hat. Die Zahlen der Depressiven und Ausgebrannten könnte auch deswegen so hoch sein, weil wir uns als Gesellschaft inzwischen derart weiterentwickelt haben, diese Erkrankungen auch als solche anzuerkennen, und unser Wohlstand groß genug ist, diese Erkrankungen tatsächlich zu behandeln, und Menschen die sie haben nicht zurück aufs Feld zu schicken, wo sie ihrer intrinsisch wertvollen Arbeit nachgehen können. Die Entfremdung der Menschen von ihrer Arbeit liegt nicht am Kapitalismus, sondern an der Automatisierung und der Zurückdrängung des Landwirtschafts- und Industriesektors zugunsten des Dienstleistungssektors, wo das hergestellte Produkt naturgemäß weniger deutlich sichtbar ist. Diese Entwicklungen wirken sich übrigens positiv auf die körperliche Gesundheit von Menschen aus.
Und ja, Fortschritt besteht in der Tat darin, 80 Kilo Lebendgewicht mit 2 Tonnen Autos von A nach B zu bewegen, statt sich zu Fuß auf den Weg zu machen oder das Pferd zu satteln, wenn man von München nach Berlin will. Ebenfalls ja, der Fortschritt dient Unternehmen dazu, weitere Waren oder Dienstleistungen umzusetzen. Wenn diese Waren dann - so unnötig sie in deinen Augen auch sein mögen - tatsächlich umgesetzt werden, gibt es offenkundig genug Menschen, für die diese Waren oder Dienstleistungen einen gewissen Nutzen stiften. Wer sind wir, um ihnen das abzusprechen, solange sie mit diesen Käufen unbeteiligte Dritte nicht negativ beeinträchtigen?
Die Entwicklung „nützlicher Dinge“ ist in der Tat dem Prinzip der Gewinnoptimierung zu verdanken. Gewinne kann man nur maximieren, wenn man im Wettbewerb besteht. Im Wettbewerb besteht man nur, wenn man Dinge entwickelt, die Menschen als nützlich empfinden. Ohne Gewinnoptimierung kein Wettbewerb, ohne Wettbewerb nicht derselbe Anreiz zur Entwicklung von technischem Fortschritt.
Und ja, selbstverständlich kann der Ressourcenverbrauch in der Produktion oder beim Gebrauch von Gütern gesenkt werden. Das passiert die ganze Zeit um uns herum. Autos brauchen weniger Benzin, Batterien werden leistungsfähiger, Strom wird mit weniger Kohle hergestellt, Müll wird wiederverwertet. Dass all das den gesamtgesellschaftlichen Ressourcenverbrauch noch nicht senkt liegt vor allem daran, dass im Vergleich zu früher nun auch das unterdrückte Proletariat wohlhabender ist und dadurch mehr Treibhausgase ausstoßen oder Müll produzieren kann. Wenn all die Güter, deren Produktion oder Gebrauch umweltschädlich ist, noch (klima)effizienter werden, ist im Zusammenspiel mit Ressourcen, die ohnehin immer da sind, und solchen, die sich natürlich reproduzieren lassen, selbstverständlich ein geringerer Ressourcenverbrauch innerhalb der „Kapitalverwertungslogik und Wachstumsdogmatik“ möglich, solange der Kapitalismus nicht dafür sorgt, dass auch die Ressource Sonne nicht mehr scheint. Nachhaltigkeit verlangt nicht den Stopp der Verwertung von Kapital oder von Wachstum, sondern die Verwertung von Kapital und Wachstum bei Beibehaltung der Regenerationsfähigkeit der verwendeten Ressourcen, die aber eben teilweise unendlich, immer vorhanden sein werden (Sonne, Wind, Wasser).
Lustig finde ich übrigens, dass du bei der Aufzählung der wissenschaftlichen Kategorien, die mir widersprechen, die Wirtschaftswissenschaft vergessen hast. Vom System gekauft oder indoktriniert, ich weiß…
@RiedlTom und @NördlingerLöwe evtl grade für euch evtl. eine interessante Diskussionsgrundlage:
Happy-End-für-Karl-Marx (vom Titel nicht schrecken lassen)
Auch da kommen wir übrigens nicht zusammen. Produktionsfaktoren in staatlicher Hand sind ineffizienter als Produktionsfaktoren in öffentlicher Hand, wie hier erläutert. Ob diese Produktionsfaktoren Maschinen oder 3D-Drucker sind ist vollkommen irrelevant. Und das sage ich ausdrücklich nicht als jemand, der Politikverdrossen ist oder das Handeln des Staats grundsätzlich kritisch sieht, ganz im Gegenteil. Es ist einfach eine Beschreibung unterschiedlicher institutioneller Rahmenbedingungen.