Bundestagswahl 2017 - Wir haben eh keine andere Wahl

Herr Veauthier füllt bestimmt auch gerade seinen Mitgliedsantrag aus ;-)
Ich will da niemandem vorschreiben was er machen soll, für mich ist die Hürde zu hoch. Ich bin da auch so ein Prinzpipienreiter. In der CDU bestimmen anscheinend ein paar wenige den Kurs, die normalen Parteimitglieder dürfen Anne Will oder Maybrit Illner gucken.
Ich würde es auch nicht gut finden wenn Herr Ismaik sich jetzt einfach 600 Mitglieder kauft und die anschließend bei einer MV alles in Grund und Boden stimmen.

Die Tendenz gibt es ja schon. So haben sich meines Wissens nach einige Parteien bereits letztes Jahr darauf geeinigt die Wahlperiode im Bund von 4 auf 5 Jahre zu erhöhen weil der Wähler immer noch zu sehr stört.

Ich weiß gar nicht, was das Gejammer soll. Das Ehrlichste wäre, wenn SPD und CDU einfach fusionieren.

Wenn du Zeit und die Muse dazu hast, könntest du das etwas genauer ausführen?

Diese Gleichung, „rot-grün 1998-2005=Sozialpolitischer Kahlschlag“ ist vor dem Hintergrund der damals hohen Arbeitslosenzahlen, der darbenden deutschen Wirtschaft, des vorherigen Kohlschen Reformunwillens, des demographischen Wandels und der damaligen Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat etwas arg kurz, als dass man es - wie man es so oft hören und lesen darf - einfach als Tatsache darstellen könnte. Diese Idee und die (falsche) Idee, dass es am Ende ohnehin weitestgehend egal wäre, ob schwarz, gelb, rot oder grün, weil am Ende ohnehin alle derselben „neoliberalen“ Logik anhingen, Politik also im Kern alternativlos wäre, hat meiner Meinung nach auch viel mit dem Erstarken der politischen Ränder zu tun.

Mir ist nicht ganz klar was ich da jetzt ausführen soll !? Umverteilung von unten nach oben funktioniert natürlich, ich halte halt das Konzept für falsch. Letztendlich haben wir es auch geschafft dass etliche unserer damaligen Probleme jetzt eben der Franzose, Italiener oder Grieche hat.

Naja, du stellst hier ziemlich harte Vorwürfe gegen die SPD (und implizit die Grünen, die die Regierung ja damals mitgetragen haben) in den Raum, ohne diese Thesen irgendwie zu begründen, zu belegen oder zumindest Beispiele dafür zu nennen. Im letzten Post wirfst du der etablierten Politik der letzten 20 Jahre Umverteilung von unten nach oben vor, was man ja fast als postfaktisch bezeichnen muss.

Ich finde wir haben eine Vertrauenskrise in die etablierte Politik, was ein Erstarken der politischen Ränder und somit eine Gefahr für die politische Stabilität in Deutschland und Europa bedeutet. Dieser Vertrauensverlust ist in Teilen ja durchaus berechtigt, und es gibt auch durchaus berechtigte Kritik an der Agenda 2010. Aber ich finde man sollte seine Kritik begründet äußern und nicht die steilste These (Sozialstaat ins Wanken, Steuerferkeleien) als allgemein anerkannte Tatsache hinstellen, die keiner weiteren Erläuterung bedarf und nur mal wieder zeigt, was für moralisch inferiore „Ferkel“ an den Hebeln der Macht sitzen. Das ist für gewöhnlich das Spiel der Populisten und nicht der Demokraten (ohne Dir das jetzt im Allgemeinen vorwerfen zu wollen). Das gilt übrigens auch für die geistige Haltung, dass Union und SPD ohnehin dasselbe wären. Über was unterhalten wir uns denn dann seit vier Monaten?

PS: Nur um das klarzustellen. Ich bin kein Wähler der SPD.

Das man das heutzutage überhaupt noch begründen muss. Es wird ja nicht einmal abgestritten sondern eben als absolute Notwendigkeit verkauft. Aber ich will auch kein Spielverderber sein.
Den angeblich so notwendigen Hartv IV Reformen steht doch ein Feuerwerk für Reiche und Besserverdienende gegenüber. Mir war nicht bewusst dass man darüber überhaupt noch diskutieren muss
[list]
[]Steuerbefreiung von Gewinnen aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften
[
]Steuersatzsenkung bei der Körperschaftsteuervon bisher 40 % bzw. 30 % auf einheitlich 25 %
[]Senkung des Spitzensteuersatzes von 53 % (1998) auf 42%
[
]Steuervergünstigungen für die Kinderbetreuung und für die Einstellung von Haushaltshilfen im Privathaushalt
[]Zulassung von Hedgefonts (ohne Überwachung durch die Finanzaufsicht)
[
]Steueramnestie Gesetz, von dem ein Herr H. aber wohl damals noch keinen Gebrauch gemacht hat
[]Einführung der Praxisgebühr
[
]Erhöhung bei der Zuzahlung für Medikamente
[]Begrenzung des Zeitraums von Leistungen in der Arbeitslosenversicherung von 48 auf 12 Monate
[
]Lockerung des Kündigungsschutzes
[]Die Regelungen zur Zumutbarkeit für Arbeitsangebote wurden verschärft
[
]Ergänzung der Rentenformel um den Nachhaltigkeitsfaktor was letztendlich zu Rentenkürzungen führt
[]Senkung des Rentenniveaus bei gleichzeitiger Einführung der kapitalgedeckten privaten Altersvorsorge (Riester Rente). Wer später Grundsicherung bezieht hat von seiner Riester Rente keinen Cent. Der Arbeitgeber-Anteil des RV-Beitrags wird auf 11 % begrenzt, Riester bezahlt der Arbeitnehmer alleine.
[
]und letztendlich auch die Hartz IV Reformen welche bis heute u.a. jedes Jahr die Gerichte mit zig Tausend Verfahren beschäftigt. Dabei ist die Erfolgsquote erstaunlich hoch, teilweise je nach Quelle bis annähernd 50%.
[/list]

So, was war jetzt nochmal der Beitrag der Besserverdienenden, der starken Schultern in unserem Land? Selten hat eine Regierung meiner Meinung nach so einseitig das Land verändert. Selten ging dies so einseitig zu Lasten der sozial Schwachen während oben rauschende Parties gefeiert wurden.
Das ist kein umfassendes Bild sondern ein Auszug. Letztendlich ersetzt das nicht die eigene Meinung und die Diskussion ob einiges davon vielleicht wirklich unumgänglich war.

Wenn man in München im Niedriglohnsektor arbeitet erhält man inzwischen keinerlei Leistungen aus der Renten- und Arbeitslosenversicherung mehr. Die Krankenversicherung unterscheidet nicht zwischen Menschen die arbeiten und welchen die derzeit nicht berufstätig sein können (wobei es auch heute noch immer noch Menschen ganz ohne Krankenversicherung gibt). Dank der „Dienstleistungsgesellschaft“ betrifft das gefühlt immer mehr Menschen. Ein Glück dass wir hier oft auf Arbeitskräfte aus anderen europäischen Staaten zurückgreifen können (Nein).

Nicht für alles ist die Politik verantwortlich, die Gesellschaft hat sich in vielen Bereichen auch einfach entsolidarisiert.

maches was du schreibst, stimmt. einiges ist aber populistisch dargestellt und müsste relativiert werden. Z.B.:

  • nicht nur der Spitzensteuersatz wurde gesenkt, sondern im selben Zeitraum auch der Eingangssteuersatz von 25% auf 15%. Das entlastet doch Geringverdiener.
  • gleichzeitig mit der Senkung des Spitzensteuersatzes sinkt allerdings das Einkommen, bei dem er fällig wird. 1999% waren das umgerechnet 66000€, 2017 nur 54000€ (und das bei einer jährlichen Inflationsrate von ca. 2%). Das führt zu einer stärkeren Belastung der oberen Mittelschicht. Aber du hast insofern Recht, als dass das jemand en der 500000€ im Jahr verdient wurscht sein dürfte. Aber gerade in München kann man als Single mit einem Einkommen von 54000€, Spitzensteursatz und den ortsüblichen Mieten nicht allzu große Sprünge machen.
  • die Mehrwertssteuer wurde von 16% auf 19% erhöht
  • die Strom-und Mineralstoff-Steuern wurden im selben Zeitraum ebenfalls deutlich erhöht, ohne jetzt die genauen Zahlen zu kennen.

Die Erhöhung der Mehrwertsteuer war meiner Erinnerung nach eine Errungenschaft der großen Koalition. SPD nix, CDU 2% ergab dann 3% Erhöhung. Auch so eine Glanzleistung deutscher Politik.
Den Eingangssteuersatz zu senken klingt immer gut aber dass Problem der Geringverdiener sind ja nicht hauptsächlich die Steuern sondern die Abgaben, Gebühren und auch Zwangsabgaben wie die GEZ. Auch der von Dir richtig genannte Anstieg der Energiekosten belastet ärmere Bevölkerungsschichten überproportional.
Wer zum Mindestlohn arbeitet erhält 1.532 Euro brutto. Netto sind das für einen Single ca. 1135,20 (ohne Kirchensteuer).

Das setzt sich wie folgt zusammen:

Steuern
Solidaritätszuschlag 0,48 €
Kirchensteuer 0,00 €
Lohnsteuer 83,41 €
Summe Steuern 83,89 €

Sozialabgaben
Rentenversicherung 142,48 €
Arbeitslosenversicherung 22,98 €
Krankenversicherung 124,09 €
Pflegeversicherung 23,36 €
Summe Sozialabg. 312,91 €

Spätere Rentenleistung: 0 Euro
Leistung aus der Arbeitslosenversicherung: 0 Euro (da Arbeitslosengeld mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit sofort unter den Hartz IV Sätzen fällt)
Pflegeversicherung: die Pflegeversicherung ist als Teilkaskosystem konzipiert, es ist daher unwahrscheinlich dass man im Alter über ausreichendes Vermögen verfügt dass das Relevanz hat
Krankenversicherung: Diesem Teil würde ich durchaus attestieren dass er noch halbwegs funktioniert, aber auch hier werden ärmere Bevölkerungsgruppen belastet (z.B. als Brillenträger, beim Zahnarzt, beim Augenarzt)
Wenn der Staat also dieser Person die Steuerlast um 10% senkt dann kann er von den 8,34 pro Monat mal richtig auf die Pauke hauen. Letztendlich zieht man ihm das vermutlich sowieso, z.B. über eine erhöhte EEG Umlage u.ä., wieder aus der Tasche. Selbst ein einfacher Personalausweis kostet inzwischen mit Foto über 30 Euro und dass ein Führerschein bisher endlos galt geht natürlich auch nicht. Wer in München umziehen muss (aus welchen Gründen auch immer) der muss mit massiven Mehrkosten rechnen.
Bei der Familie Quandt dürfte die jährlich Steuerersparnis bei mehr als 250 Mio. Euro gelegen haben. Populismus? Vielleicht und ich mache mir keinerlei Illusionen dass es gar nicht so einfach wäre reichere Bürger verstärkt zur Kasse zu bitten, außer sie beteiligen sich selbst konstruktiv an diesem Prozess.

Mit einer verfehlten Städte- bzw. Wohnungspolitik hat man ja inzwischen sogar den Hartz IV Satz in nahezu absurde Höhen getrieben. Bis zu 1.200 Euro kann man in München inzwischen als Hartz IV Empfänger (Singlehaushalt) Unterstützung bekommen, wobei beim Hilfsempfänger selbst ja nur 416 Euro wirklich ankommen.

@HHeinz: Danke für die ausführliche Antwort. Im Herzen bin ich ja weitestgehend bei Dir, aber man macht es sich meiner Meinung nach viel zu einfach, wenn man die gesellschaftlichen und weltgeschichtlichen Faktoren, die die von Dir richtig beschriebenen politischen Entscheidungen zumindest beeinflusst oder meiner Meinung nach sogar ausgelöst haben, einfach ignoriert. Bei den Punkten die Du beschrieben hast sind diese Faktoren zumeist die Globalisierung und der demographische Wandel.

Die Globalisierung sorgt dafür, dass es immer einfacher wird Kapital über Ländergrenzen hinweg zu verschieben (was nicht notwendigerweise schlecht ist, weil Kapital im Ausland vielleicht nutzenstiftender angelegt werden kann), wodurch es für reiche Menschen und Unternehmen einfacher wird, sich den besteuernden Staat auszusuchen. Daraus entsteht ein – meiner Meinung nach - insgesamt schädlicher Steuerwettbewerb nach unten. Sie sorgt außerdem dafür, dass die Nationalstaaten Probleme haben Fehlentwicklungen zu regulieren, weil sie sich oft ihrem Herrschaftsbereich entziehen und/oder nur gemeinsam gelöst werden können.

Der demographische Wandel in Deutschland und weiten Teilen Europas sorgt dafür, dass immer mehr Menschen immer mehr „Sozialleistungen“ (Rente, Leistungen aus der Krankenkasse usw.) beziehen, während gleichzeitig immer weniger Menschen diese Leistungen über ihre Arbeit finanzieren. Also zahlen immer weniger Menschen für immer mehr Menschen. Und das funktioniert mit konstanten Beitragszahlungen und Zahlungsansprüchen nun mal nicht. Das ist eine mathematische Tatsache und keine politische Fragestellung.

Mit diesen zwei Begriffen - demographischer Wandel und Globalisierung - kann man meiner Meinung nach 13 der von Dir oben beschriebenen 14 Punkte nachvollziehen, oder zumindest besser erklären als mit dem plötzlichen Bedürfnis der deutschen Sozialdemokratie, die Reichen reicher zu machen und Sozialleistungen zu straffen. Schreibe ich die nächsten Tage mal was dazu wenn ich dazu komme.

Die Globalisierung könnte man durch mehr internationale Zusammenarbeit zufriedenstellender gestalten, den demographischen Wandel durch massive Zuwanderung aus allen Qualifikationen. Mich beschleicht das Gefühl dass die Partei die das konsequent angeht ein ähnliches Schicksal erleidet wie die SPD, weil unpopulär aber in weiten Teilen notwendig. Das Resultat sind 16 Jahre Merkelsches Aussitzen, bis das Problem irgendwann so groß wird dass uns der Laden (beinahe) um die Ohren fliegt. Wirtschaftskrise, Eurokrise, Flüchtlingskrise, mal schauen was die nächsten vier Jahre zu bieten haben.

Diätenerhöhung…

Die gibt es jedes Jahr, weil sie immer abstimmen :) nur jetzt wird ein Theater drüber gemacht, man hat das Gefühl erst seit die AFD im Bundestag sitzt, verfolgen die Leute was dort wirklich passiert ^^

Da kommen oft Argumente wo man sich fragt ob die Leute sich jemals über Politik informiert haben…

ich kann nur für mich sprechen und es ist leider so dass ich gewisse gesichter nicht mehr sehen kann,hatte ich schon vor der AFD…
meine meinung das die älteren den jüngeren mal den vortritt lassen sollten…
und eine regierung können sie nicht bilden,aber bei der diätenerhöhung ziehen sie am gleichen strang da ist man sich einig…

Also wenn dein Chef bei euch eine Umfrage macht, ob ihr euer Gehalt anpassen wollt an die von der Nachbar Firma stimmst du auch dagegen?

Ich bin auch unzufrieden mit einigen Dingen, aber manche Dinge sind irgendwie lächerlich…

Vor allem regt mich auf das Abgeordnete 20k für Mitarbeiter zur Verfügung haben, was in meinen Augen einfach viel zu viel ist.

Es ist auch scheinheilig, dass die von der AFD dagegen Stimmen, weil sie genau wissen, sie bekommen die Diäten auch so ^^

bei anpassung von 1,60 euro stimme ich dagegen ja…
ich bin laie,kenne mich mit politik nicht aus und lese nur in der zeitung oder schaue fern aber mein gefühl sagt mir dass grad zuviele schmatzer pattex auf ihren stühlen haben…
und es nur um eigene interessen oder um machterhalt geht und nicht um das wohl der bürger so empfinde ich es…

Jetzt laufen wir genau in die Diskussion für die ein Forum eigentlich zu klein ist. In Deinem Kommentar steckt so vieles drin dass ich für falsch halte dass ich mir jetzt einen Wolf schreiben würde.

Ich halte sowohl Deine Darstellung eines angeblichen demographischen Problems/Wandels für falsch bzw. stark verkürzt und auch die pauschale These dass man mit Globalisierung quasi alles entschuldigen kann für mehr als fragwürdig.
Eine Friseuse um die Ecke konkurriert nicht mit chinesischen Wanderarbeitern, der Hermes Fahrer muss sich nicht dem Wettbewerb mit indischen Kurierfahrern stellen (noch nicht). Die Globalisierung ist auch nicht pauschal schuld dass Kapital über Ländergrenzen hinweg verschoben wird sondern sie ist in vielen Fällen Ergebnis einer mangelhaften und inkonsequenten Steuerpolitik. Ob das jetzt Unvermögen oder Kalkül ist darüber kann man sicherlich streiten.
Im übrigen sind die Löhne in der exportorientierten Wirtschaft noch vergleichsweise hoch, auch wenn dort zunehmend über Zeitarbeit und Werkverträge ebenfalls geferkelt wird. Einen reinen Preiswettbewerb mit China, Indien oder Bangladesch können wir sowieso nicht gewinnen.

Der deutsche Staat kann sich Geld zu 0 Prozent Zinsen leihen. Ebenso wie im übrigen Banken und Sparkassen. Daran wird sich auch in absehbarer Zeit nichts ändern denn dieses System ist im Kern meiner Meinung nach bereits völlig kaputt.
Die Vorstellung dass Deutschland in absehbarer Zeit das Geld ausgehen könnte ist völlig abwegig. Momentan wird ein Großteil des Geldes an Konzerne sowie Millionäre und Milliardäre verteilt. Die kaufen dafür z.B. andere Unternehmen, Immobilien oder spekulieren mit Derivaten. Das Land mit der höchsten Staatsschuldenquote ist nicht Griechenland sondern Japan und bevor wir deren 239 Prozent erreichen (aktuell um die 65%) könnten wir locker noch ein paar Rentner mehr durchfüttern.

Es bleibt allerdings spannend ob sich die größeren Volkswirtschaften in der EU, und hier insbesondere Frankreich und Italien, sich das noch lange anschauen werden. In Frankreich hat man ja mit Macron quasi gerade die letzte Patrone verschossen.

Stimmt, dennoch finde ich es wichtig dass man mal über Dinge spricht bzw. schreibt, die so dermaßen unpopulär sind dass Politiker sie kaum offen aussprechen können. Um den Rahmen nicht komplett zu sprengen nehme ich mir ein paar deiner Punkte raus:

[list][*]Stellvertretend für das Thema Steuern:
[/list]

Es gab in den letzten drei Jahrzehnten einen durch die Globalisierung bedingten, internationalen Trend zur Unternehmenssteuersenkung (siehe hier). Das kannn man natürlich ignorieren und weiterhin an die 60 % abknüpfen, nur ziehen dann Unternehmen mitsamt ihrem Kapital ins Ausland ab bzw. kommen erst gar nicht nach Deutschland. Das kostet Arbeitsplätze, Steuereinnahmen und Wachstum. Die deutsche Körperschaftssteuer war im internationalen Vergleich in den vergangenen 30 Jahren vergleichsweise immer noch hoch (siehe hier), beständig über’m OECD-Schnitt, zumindest wenn man sämtliche Belastungen für Kapitalgesellschaften in Deutschland, also die Gewerbesteuer plus Soli plus Sozialabgaben, noch dazu nimmt. Selbiges gilt für Personengesellschaften die bis zu 45 % Einkommen- bzw. Gewerbesteuer plus Soli plus Sozialabgaben zahlen.

[list][*]Arbeitsmarkt-/Sozialversicherungs"schweinereien":
[/list]Die aktuellen sozialen Sicherungssysteme in Deutschland sind unter den aktuellen demographischen Gegebenheiten nicht nachhaltig! Selbst mit den von Dir beschriebenen harten Reformen im Gesundheits- und Rentensystem besteht immer noch eine riesige Finanzierungslücke im Sozialstaat, die von zukünftigen Generationen getragen werden muss. Die Leistungen, die in Deutschland bis in die 90er Jahre gewährt wurden waren möglich, weil relativ viele Beitragszahler für relativ wenige Leistungsbezieher bezahlt haben. Sie wurden außerdem teilweise über Staatsverschuldung bezahlt. Man hat damals brutal über das gelebt, was man selbst erwirtschaftet hat. Jetzt dreht sich das Verhältnis Zahler/Bezieher um, und Staatsverschuldung ist auch nicht mehr bis ins Äußerste möglich, wenn einem an der Zukunft des Euros und der EU gelegen ist.

Bei konstanten Geburtenraten, steigender Lebenserwartung, Rente mit 65, niedriger Nettozuwanderung und ansonsten gleichbleibender Ausgaben- und Einnahmenpolitik steigt die Staatsverschuldung bis 2060 auf über 200 % des BIP. Um bis dahin den heutigen Staatsschuldenstand zu halten (also die „schwarze Null“ bei der Neuverschuldung) müsste man jährlich weitere 23 Milliarden Euro (!) einsparen (Details hier). Dass die Beiträge für Beitragszahler ohnehin schon zu hoch sind hast du ja selber geschrieben, das heißt auf der Einnahmenseite ist auch nicht mehr viel Spielraum. Und das alles ist, wie gesagt, bei Beibehaltung des Status Quo! Wenn die Schröder-Regierung nicht gehandelt hätte sähen die Zahlen noch viel schlimmer aus. Und es sind nicht einfach nur ein paar Zahlen, sondern eine massive Einschränkung der Gestaltungsmöglichkeiten zukünftiger Generationen, von den volkswirtschaftlichen Auswirkungen ausufernder Staatsverschuldung für unsere Generation mal abgesehen. Und das darf man als Politik nicht einfach ignorieren.

Ein Weg diese Problematik zu verbessern (neben Zuwanderung) wäre es, Arbeitslosen einen möglichst starken Anreiz zu geben vom Leistungsempfänger zum Beitragszahler zu werden. Es gibt noch viele weitere gute Gründe für die Arbeitsmarktreformen, um den Rahmen nicht komplett zu sprengen stichpunktartig: Lange Fortzahlung von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung als Falle in die Langzeitarbeitslosigkeit, die statistische Tatsache dass im letzten Bezugsmonat von Geldern aus der Arbeitslosenversicherung der Abgang aus der Arbeitslosigkeit sprunghaft ansteigt, die im OECD-Vergleich noch immer sehr lange Gewährung derartiger Leistungen (siehe internationaler Vergleich hier, relativ weit unten) usw usf.

Du schlägst eine höhere Verschuldung bei den aktuell niedrigen Zinsen vor. Dabei vergisst du aber, dass Staaten zumeist ihre Schulden nicht klassisch „zurückzahlen“, sondern zum Fälligkeitszeitpunkt lediglich umschulden. Angenommen Deutschland nimmt jetzt für 30 Jahre 1 Billion Euro Schulden auf, dann wird diese 1 Billion in 30 Jahren durch die Aufnahme höherer Schulden zurückbezahlt, nur eben dann mit einem höheren Zins und höherem Gesamtschuldenstand. Eine massive Verschuldung Deutschlands würde in letzter Konsequenz auch das Ende des Euros mit den entsprechenden weltwirtschaftlichen und geopolitischen Konsequenzen bedeuten, eine grausige Vorstellung.

[list][*]Stellvertretend für die Auswirkungen der Globalisierung auf Regulierung:
[/list]

Die möglichen negativen Effekte von Hedgefonds hat man in Deutschland aufgrund globalisierter Weltwirtschaft ohnehin, unabhängig von der Frage ob sie in Deutschland zugelassen sind oder nicht. Ob in Frankfurt oder London gegen den Euro gewettet wird ist für den Euro egal. Es stellt sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit eines Verbotes, wenn derartige Geschäfte mit einem Klick ohnehin überall durchgeführt werden können. Die Frage ist also nicht, wollen wir Hedgefonds oder nicht, sie ist viel mehr, können wir etwas tun, um diese Branche besser zu regulieren, oder schauen wir von der Seitenlinie aus zu wie das Steueroasen für uns übernehmen? Durch die Zulassung ermöglicht man dem Finanzstandort Frankfurt außerdem eine Diversifizierung seines Risikoportfolios, was auch gut sein kann, weil diejenigen die auf hohe Rendite aus sind dafür nicht mehr konservativere Instrumente nutzen müssen. Außerdem beseitigt man einen Wettbewerbsnachteil für den Finanzstandort Frankfurt (auch ein entlassener Banker muss irgendwo anders einen Job finden, der dann wiederum jemand anders fehlt). Nur weil Hedgefonds bis 2013 nicht der BaFin unterstellt waren heißt das nicht, dass es keine Regulierung gab. Gerade der Fremdkapitaleinsatz, einer der Hauptgründe für die hohen Renditechancen bei Hedgefonds, ist stark reguliert. Ende 2016 gab es in Deutschland übrigens ganze 14 Hedgefonds (Seite 196). Was ich damit im Kern sagen will, ist: Viele Dinge, die wir als Deutschland gerne (im Fall Hedgefonds vollkommen zurecht) stärker oder anders regulieren würden, entziehen sich dem Bereich des für die BRD möglichen. Das klappt - wenn überhaupt - mit mehr internationaler Kooperation.

Das alles heißt nicht dass die aktuelle Politik alternativlos wäre, dass man im Detail nicht eine andere, bessere, sozialere Politik machen kann, als das die SPD oder die GroKo in den letzten Jahren gemacht hat. Aber am harten Kern dieser Fakten kommt von rechts bis links, von progressiv bis konservativ niemand vorbei.

Hierzu noch: Klar kann man als Gesetzgeber höhere Mindestlöhne in diesen Branchen beschließen. Die Folge wird sein dass die Friseurläden und Paketdienste ihre Preise entsprechend der Kostensteigerung erhöhen. Das ist dann schlecht für den Altenpfleger und die Kellnerin, die jetzt neben den erdrückenden Sozialabgaben und der hohen Miete auch noch mehr für’s Haare schneiden hinlegen müssen. Deren Löhne könnte man dann natürlich auch erhöhen, mit denselben Auswirkungen. Am Ende steht man, was die reale Wirtschaftskraft angeht, wieder am Anfang (wobei so ein bisschen Lohninflation womöglich zur Zeit gar nicht so schlecht wäre, also könnte man schon machen, ich will nur aufzeigen dass das grundsätzliche Problem damit nicht gelöst wird). Mit dem Nebeneffekt, dass Lohnerhöhungen tendenziell auch immer mit Entlassungen einher gehen, weil eben gerade im Niedriglohnsektor viele nicht produktiv genug sind. Lösungen? Anreize zur Weiterbildung. Wie du schon angesprochen hast, Minderung der Sozialabgaben für Leute, die wirklich arbeiten. Vielleicht eine negative Einkommensteuer im Niedriglohnsektor.

PS: Auch hier könnte übrigens Zuwanderung helfen. Der zusätzliche Druck im Niedriglohnsektor könnte dafür sorgen, dass die Einheimischen praktisch dazu gezwungen sind, ihr Potenzial besser auszuschöpfen, was sich für sie am Ende in deutlichen Lohnsteigerungen widerspiegelt. Empirisch ist es nicht eindeutig, ob das für die Mehrheit der Arbeiter im Niedriglohnsektor klappt. Manchmal ja, manchmal nein.

Ich hab ja schon was armseeliges erwartet, aber das übertrifft alles.

das ist z.b ein Schenkelklopfer

„Wir wollen Mieter besser vor bewusstem Missbrauch bei der Ankündigung und der Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen schützen. Das gezielte Herausmodernisieren wird künftig den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit erfüllen und für Mieter Schadensersatzansprüche begründen.“

Noch mehr heisse Luft scheint schwer denkbar.

Wenn ich heute eine Wohnung kaufe, um sie zu vermieten, dann ist das eine einfache Rechnung. Im Moment sind die Preise einfach auf einem Niveau, das keine günstige Mieten zulässt. Wenn man die Mietpreise auf ein vernümftiges Niveau heben will, sollte man das anders anpacken. Man könnte Sozialwohnungen bauen und die Immobilienspekulation etwas erschweren. Je mehr Geld man verdient (wegen dem höheren Steuersatz), desto mehr Profit holt man aus vermietetem Eigentum heraus, wozu mir jegliche Begründung fehlt.

Gleichzeitig scheint sich niemand so richtig an die befristeten Arbeitsverträge zu wagen. Wie soll man denn ein Eigenheim kaufen, wenn man keinen unbefristeten Arbeitssvertrag hat (da helfen die ganzen Zuschüsse nichts)? Wie soll jemand mit Mindestlohn überhaupt Miete zahlen (die sollen einmal die Rechnung für München und Mindestlohn aufmachen …)

Wenn jemand bei 20% Steurlast ist und ein Fachbuch für € 100 kauft, kann er es steuerlich absetzen. Effektiv zahlt ewr also nur € 80 dafür. Jemand mit 50% Steuerlast (also schon jemand, der etwas besser verdient), zahlt effektiv nur € 50 für das gleiche Buch. Das finde ich nicht in Ordnung. Leider geht niemand dieses Steuersystem an.

Dass man jetzt so einfach sagt, wir werden die Klimaschutzziele nicht erreichen, das ist mehr als eine Frechheit! Diejenigen, die das Nichterreichen zu verantworten haben, dürfen einfach so weitermachen!

dafür gibts fette 2 Milliarden. Das sind dann ca. 10.000 Wohnungen Bundesweit (gerechnet mit 60qm und € 3.000.- pro qm, was eh viel zu niedrig ist). Problem also total gelöst^^
(alleine für München bräuchte man schon soviel)