Hasan Ismaiks jüngstes Statement zur Struktur des TSV 1860 München e.V. muss im Zusammenhang mit seinen früheren Aussagen betrachtet werden. Dabei zeigt sich ein wiederkehrendes Muster: Er kritisiert die Vereinsführung als undemokratisch, stellt die Mitgliederdemokratie infrage und fordert externe Kontrolle über die Wahlen. Doch diese Argumentation weist erhebliche Widersprüche auf, insbesondere vor dem Hintergrund der tatsächlichen Gegebenheiten im Verein.
- Wandel in der Rhetorik – Von Angriff zur Opferrolle
Während Ismaik sich in früheren Äußerungen extrem scharf gegen Vereinsmitglieder und die Struktur des e.V. positionierte, klingt sein aktuelles Statement gemäßigter. Er betont, dass er demokratische Prinzipien respektiere, wehrt sich gegen den Vorwurf, das Mitgliederwesen nicht zu verstehen, und fordert eine „sachliche und zukunftsorientierte Zusammenarbeit“.
Doch seine früheren Aussagen zeigen eine ganz andere Haltung:
- Er verglich die Strukturen des Vereins mit der DDR („Unsere Fans sind verschlossen, leben in einem kleinen Kosmos und haben Angst vor Veränderungen. Es ist wie eine Münchner Mauer.“), während er den FC Bayern als weltoffen darstellte.
- Er bezeichnete die Mitglieder als „rückwärtsgewandt“ und warf ihnen vor, sich nicht für den sportlichen Erfolg zu interessieren, sondern nur den e.V. zu schützen.
- Besonders drastisch war der Vergleich der Vereinsdemokratie mit autoritären Systemen: Er setzte die Wahlen bei 1860 mit denen in Syrien unter Bashar al-Assad gleich und sprach sogar von Parallelen zur russischen Invasion der Ukraine.
Während sein aktuelles Statement also scheinbar um Versöhnung bemüht ist, bleibt der Kern unverändert: Der e.V. sei ein undemokratisches System, das blockiere und manipuliert.
- Widerspruch in der Argumentation: Demokratie einfordern, aber nicht anerkennen
Ein zentraler Widerspruch in Ismaiks Haltung ist sein Umgang mit Demokratie: Einerseits fordert er Transparenz und mehr Mitbestimmung, andererseits stellt er die bestehende demokratische Struktur infrage. Er verlangt „freie Wahlen nach Bundestagsvorbild“, doch die Mitgliederdemokratie des Vereins funktioniert genau nach diesen Prinzipien – jedes Mitglied hat eine Stimme, und Mehrheitsentscheidungen bestimmen den Kurs des Klubs.
Besonders paradox ist seine Haltung zur 50+1-Regel. Einerseits nennt er sie „diktatorisch“, obwohl sie eine demokratisch legitimierte Schutzmaßnahme für den deutschen Fußball ist. Andererseits will er eine Struktur durchsetzen, die ihm als Investor mehr Einfluss gibt – was letztlich weniger demokratische Kontrolle bedeuten würde. - Falsche Behauptung: Die Wahlen seien unkontrolliert
Ein zentraler Punkt seiner aktuellen Kritik ist die Forderung nach einer externen und neutralen Wahlüberwachung. Er behauptet, dass die Mitgliederversammlung nicht unabhängig kontrolliert werde und dass das Wahlsystem „leicht manipulierbar“ sei.
Diese Behauptung ist nachweislich falsch:
- Die Wahlen des TSV 1860 München wurden in der Vergangenheit bereits vom Münchner Kreisverwaltungsreferat (KVR) begleitet.
- Beim letzten Mal war zusätzlich ein Notar anwesend, um die Wahlen zu überwachen.
Die von Ismaik geforderte externe Kontrolle ist also längst Realität. Seine Forderung dient daher nicht einer echten Verbesserung der Demokratie, sondern der bewussten Delegitimierung des bestehenden Systems.
- Wiederkehrendes Feindbild: Die Mitglieder als Blockierer
Ein Muster in Ismaiks Rhetorik ist die wiederholte Darstellung der Vereinsmitglieder als konservative Blockierer des Fortschritts. Bereits in früheren Aussagen sprach er von „rückwärtsgewandten Fans“, die kein Interesse am sportlichen Erfolg hätten.
Diese Sichtweise hat eine klare strategische Funktion:
- Sie delegitimiert die organisierte Vereinsdemokratie.
- Sie stellt Ismaik als denjenigen dar, der den „echten“ Erfolg des Klubs will.
- Sie versucht, eine Spaltung zwischen „traditionellen“ Fans und „modernen“ Anhängern herzustellen.
Im aktuellen Statement klingt diese Konfrontation abgeschwächter, bleibt aber zwischen den Zeilen erhalten – etwa wenn er kritisiert, dass der Verein „nicht auf kritische Fragen reagiert“ oder „interne Streitigkeiten wichtiger als Erfolg“ seien.
- Politische Vergleiche: Ein kalkulierter Skandal
Besonders ekelhaft in Ismaiks früheren Aussagen sind seine Vergleiche mit politischen Systemen.
- Er stellte die Vereinsstruktur auf eine Stufe mit Assad, Putin und der DDR.
- Er sprach von „diktatorischen Strukturen“ und setzte die Wahlprozesse des Vereins mit manipulierten Wahlen in autoritären Staaten gleich.
Diese Vergleiche sind nicht nur sachlich unhaltbar, sondern dienen gezielt der Skandalisierung. Sie sollen den Eindruck erwecken, dass der Verein in einer Art „Unrechtsregime“ geführt werde – eine völlig überzogene Darstellung, die nichts mit der Realität zu tun hat.
Letztlich bleibt sein Ziel unverändert: Mehr Kontrolle über den Verein zu erlangen, indem er die bestehende Struktur delegitimiert.
Oliver Griss’ Artikelen unterstützen bewusst die Narrative von Hasan Ismaik. Er stützt sich auf Umfrageergebnisse auf seinem Blog (der aufgrund der tendenziösen Berichterstattug sowieso nur die vereinspolitische Minderheit (siehe alle Wahlen seit 2017) abbildet), die aufgrund der Möglichkeit mehrfacher Abstimmungen leicht manipuliert werden können.
Indem Griss diese verzerrten Ergebnisse unkritisch wiedergibt, trägt er aktiv zur Darstellung des TSV 1860 München als undemokratisch bei. Ismaik nutzt solche Umfragen, um eine Unzufriedenheit mit der Vereinsführung zu fördern und seine Forderung nach mehr Kontrolle und Einfluss zu untermauern. Griss verstärkt diese Sichtweise, ohne die Manipulierbarkeit der Umfragen zu hinterfragen, und fördert somit bewusst eine verzerrte Wahrnehmung des Vereins, die Ismaiks Ziele als Investor unterstützt.