Der Sportschau liegt ein interner Investitionsplan der DFL vor, wie das Geld verwendet werden soll.
Sponsorenname für die Liga, Auslandsaktivitäten, digitale Plattform
Von der Milliarde, die sich die DFL von dem Investor aus der Private-Equity-Branche erhofft, sind 600 Millionen Euro für die Kernvorhaben Digitalisierung und Internationalisierung geplant. Die wichtigsten Posten:
164 Millionen Euro sind für eine eigene digitale Plattform geplant: Hier sollen Videoinhalte präsentiert und teilweise über Abos direkt an die Fans verkauft werden. Dabei sollen auch die Klubs mitwirken und Inhalte liefern. Eine solche Plattform kann auch dann nützlich sein, wenn im In- oder Ausland ein Sender oder Streamingdienst finanziell nach Ansicht der DFL zu wenig bietet oder gar nicht zur Verfügung steht. Dann kann die DFL sich direkt an die Fans wenden und Abos verkaufen - wie es beispielsweise die NBA im Basketball macht. Teil der Plattform soll ein internationaler Fanshop sein.
183 Millionen Euro sind für den Antrieb der Vermarktung im Ausland vorgesehen: Hier geht es beispielsweise darum, Klubs bei der Planung und Durchführung von Auslandsreisen zu unterstützen. Die Premier League veranstaltete im Sommer beispielsweise die „Premier League Summer Series“ in den USA. Auch die Auslandsaktivitäten der deutschen Klubs sollen koordinierter veranstaltet werden, damit sie langfristig Fans im Ausland binden. Zudem sollen Videos speziell für bestimmte Märkte im Ausland erstellt werden. Auch will die DFL weitere Büros eröffnen, bislang gibt es welche in New York und Singapur. Außerdem soll mehr in die Lobbyarbeit im Ausland gesteckt werden - durch mehr direkte Kontakte mit übertragenden Sendern und Diensten.
126 Millionen Euro sollen für Maßnahmen für den deutschen Markt aufgewendet werden: Dabei geht es um den Kampf gegen illegales Streamen der Bundesligaspiele, aber auch um eine Weiterentwicklung der Übertragungen. Dabei stehen viele Maßnahmen im Raum: Videos aus der Umkleidekabine und aus dem Mannschaftsbus, kurze Interviews unmittelbar vor Anpfiff und mehr Zugang für übertragende Sender zu den Mannschaften unter der Woche für mehr Inhalte abseits der Spiele. Spaniens Liga, die bereits einen ähnlichen Investorendeal vollzogen hat, gewährt dem Publikum mittlerweile Einblicke in die Kabinen vieler Teams. So war zuletzt beispielsweise im Fernsehen zu sehen, wie die Mannschaft von Athletic Bilbao in der Kabine das „Vater Unser“ betet. Das ist nicht frei von Konflikten. „Ich mag es nicht, ich fühle mich nicht wohl“, sagte Torhüter Unai Simon. „Das ist unser heiliger Moment.“
Konkret genannt wird im Papier der DFL eine „ligaweite Dokumentation“. Der Formel 1 gelang es über die Netflix-Doku „Drive to survive“, viel Aufmerksamkeit zu bekommen. Andere Sportarten wie Golf, Tennis, Radsport oder Leichtathletik folgten dem Trend, das wird nun wohl auch die DFL tun.
65 Millionen Euro werden für Werbepartner veranschlagt: Der größte Teil wird für „virtuelle Werbung“ eingeplant, damit kann beispielsweise Bandenwerbung digital verändert und angepasst werden - je nachdem, in welches Land ein Spiel übertragen wird. Nicht als Kostenpunkt, aber als Teil des Plans wird wörtlich gesprochen von: „Bundesliga Namensrecht: Umsetzung Partnerschaft“ - was bedeutet, dass die Bundesliga bald einen Sponsoren im Namen tragen könnte.
Acht Millionen Euro sollen in den Ausbau der „Virtual Bundesliga“ gehen: Damit könnte die E-Sport-Schiene der Liga gestärkt werden.
54 Millionen Euro bleiben als „strategischer Rückbehalt“.
DFL - die Wette auf die Zukunft beginnt
Von den restlichen 400 Millionen Euro sind 100 Millionen Euro dafür vorgesehen, die Klubs direkt mit Geld bei ihren Reisen ins Ausland zu fördern. Damit können die Klubs Reisekosten bewältigen, um beispielsweise zur Werbung für die Bundesliga in die USA oder Asien zu reisen.
Die weiteren 300 Millionen Euro sind dafür eingeplant, zumindest für vier Jahre das Loch zu stopfen, das der Deal reißt. Denn die Klubs müssen im Gegenzug für die Milliarde nun langfristig auf rund acht Prozent ihrer Einnahmen verzichten - die gehen im Gegenzug für die Milliarde 20 Jahre lang an den Investor. Die DFL schreibt voraussichtlich im zweiten Quartal 2024 die Medienrechte für die vier Saisons 2025/26 bis 2028/29 aus und will vorher einen Abschluss mit einem Investor vollzogen haben.
Kritiker und Fans fürchten um „rote Linien“
Dann beginnt die Wette auf die Zukunft: Denn mit dem dauerhaften Abzug von acht Prozent der Einnahmen ist die DFL auf eine Steigerung der Einnahmen insgesamt angewiesen, um diese Verpflichtung an den Investor auszugleichen.
DFL-Geschäftsführer Steffen Merkel äußert sich zur vielfach geäußerten Fan-Kritik an den Investoren-Plänen der Liga und weist darauf hin, dass man sich die Kritikpunkte „zu Herzen genommen“ habe. mehr
Und es bleibt die Sorge vieler Kritiker: Halten die „roten Linien“, die die beiden DFL-Geschäftsführer Lenz und Merkel versprochen haben? Der Investor soll demnach keinen Einfluss auf die Gestaltung des Spielplans haben, er kann nicht gegen den Willen der Klubs Spiele ins Ausland verlegen oder Playoffs in der Bundesliga einführen. All dies bleibe in den Händen der Klubs und der DFL, sagt die Geschäftsführung. Der 1. FC Köln und viele aktive Fanszenen kritisieren aber, dass es bei Private-Equity-Unternehmen mit ihren hohen Renditeerwartungen mindestens zu indirekter Einflussnahme kommen könnte.
Die DFL-Geschäftsführung verhandelt bereits mit mehreren Bietern, drei Angebote gelten nach Informationen der Sportschau als aussichtsreich. Ein weiteres sei unter den Erwartungen der DFL.
Ein Befürworter unter den Klubvertretern forderte gegenüber der Sportschau, dass die Kritiker nun möglichst nicht nachtreten. „Denn jetzt kostet jede negative Äußerung Geld“, sagte er mit Blick auf die Verhandlungen.
Investor ja oder nein? Debatte spaltete erneut die Klubs
Dass die Maßnahmen zur Digitalisierung und Internationalisierung sinnvoll sind, war unter den 36 Klubs der Bundesliga und 2. Bundesliga weitgehend Konsens. Diskussionen gab es aber dazu, ob die gewünschten Maßnahmen mit der Hinzunahme eines Investors umgesetzt werden sollten. Während ein großer Teil der Klubs wie die DFL-Spitze das Geschäft für wirtschaftlich sinnvoll hält, gab es aber auch Widerspruch. Der 1. FC Köln und der SC Freiburg forderten, dass die Klubs das Geld selbst aufbringen sollten, ohne 20 Jahre lang Zahlungen an einen Dritten leisten zu müssen.
Fans von Borussia Dortmund positionieren sich gegen einen Investor in der DFL.
Fans von Borussia Dortmund positionieren sich gegen einen Investor in der DFL.
Der VfL Osnabrück kritisierte, dass die Stärkung der Auslandsvermarktung vor allem die großen Klubs bevorteile, die bei den Einnahmen aus dem Ausland noch stärker beteiligt werden als bei den Einnahmen aus der Vermarktung in Deutschland. Die Debatte ging auch diesmal in Drohszenarien über, als Bayer Leverkusens Geschäftsführer offen mit einem Bruch zwischen Bundesliga und 2. Bundesliga drohte. Im Mai wie heute kam der Widerspruch zu einem großen Teil aus dem Unterhaus.
Sportschau