Gleich mal die hier erwähnte; eine, die ich ganz besonders mag
(Wahnsinn; zehn Jahre ist die schon alt):
(Der Löwenfan leidet auch 2013 immer noch unter dem Verkauf des Löwenanteils… ähh… der Anteile an den jordanischen Investor. Für den „Löwenmut“ schrieb ich eine leicht entschärfte Version meiner neuen Kurzgeschichte.
Hier ist nun das Original:)
Fremde in Großlappen
Das Derby
TOOOOOOOOOOOOOOOOR!!!
Endlich war der ersehnte Treffer gefallen!
Pepe Bonendosa, der neue brasilianische Stürmer, hatte im Alleingang fünf rotgekleidete Verteidiger artistisch umkurvt und den herausstürzenden Torwart Manuel Alter überlupft.
Nicht nur die Fans in der Nordkurve standen nun, begeistert brüllend ob der erneuten Hoffnung auf einen Sieg über den verhassten Lokalrivalen. Auf den Sitzplätzen hielt es ebenfalls keinen der Anhänger des TSV 1860 mehr auf seinen vier Buchstaben und die Tormusik ging beinahe unter im tosenden Jubel aus knapp vierzigtausend blauen Kehlen in der bis zum letzten Platz ausverkauften Fußballarena im münchner Norden.
Auch Scheich Abdullah Bagmasdan war aufgesprungen und stimmte zusammen mit den Damen in seiner Begleitung in den enthusiastischen Jubel ein. Die siebzig Millionen für sein neuestes Pferdchen im Stall schienen gut investiert zu sein. Wie er es bei den Fans in der Kurve schon öfters gesehen hatte, riss er sich den weiß-blauen Schal vom Hals und schwenkte ihn in der Luft. Dafür erntete er einige erstaunte Blicke von seinen Logennachbarn aus der TSV-Führungsriege.
Es war noch gar nicht so lange her, dass Scheich Bagmasdan den Fußballverein von einem guten Freund aus Jordanien gekauft hatte. Dieser war fortgesetzt mit seinen Versuchen, den chaotischen Klub in ein lohnendes Objekt zu verwandeln, an der damals zu seinem Pech noch existierenden sogenannten „50+1-Regel“ gescheitert, so dass er schließlich seine Anteile entnervt zu einem sehr günstigen Preis an Bagmasdan abtrat.
Als kurz darauf die ohnehin schon lange umstrittene Regel fiel, zögerte der Scheich keine Sekunde. Er erwarb die restlichen Anteile und die kompletten Stimmrechte; allerdings deutlich weniger preisgünstig. Doch das war es ihm wert, denn nun gehörten die sogenannten „Löwen“ ihm ganz alleine.
Und das war gut so.
Abdullah Bagmasdan wechselte als allererstes das komplette Personal aus. Der unfähige Haufen von erbsenzählenden Vorstadtkapitalisten, die den Klub bisher geführt hatten, wurde ebenso vor die Tür gesetzt, wie die dilettantischen Sportverantwortlichen und ihre Hampelmannschaft.
Anschließend reduzierte der neue Besitzer teure und in seinen Augen unrentable Bereiche wie zum Beispiel das Nachwuchsinternat und überhaupt den gesamten Jugendbereich auf ein Minimum. Am liebsten hätte er diese Bereiche sowieso an jenen anderen münchner Fußballclub, der sich seit einiger Zeit lächerlicherweise mit seiner „Nachwuchsarbeit“ brüstete, abgegeben, doch seine PR-Berater hatten ihm dringend von diesem Schritt abgeraten. Und weil der Scheich ein kluger Mann war, hörte er auf seine Berater. Diesmal noch.
Vor allem aber hatte er keine Kosten gescheut, von überall her die besten Fußballspieler, die irgendwie zu haben waren, zum TSV zu rufen und zu locken, und so eine Mannschaft geformt, die dann im vergangenen Jahr unaufhaltsam in die erste Bundesliga aufgestiegen und nun auf dem Weg zum deutschen Meister und in die Champions League war.
Und soeben hatte seine neueste Errungenschaft, Pepe, das vermutlich spielentscheidende 3:2 geschossen! Während die Partie nun dem Schlusspfiff zustrebte, überlegte ein euphorisierter Abdullah Bagmasdan, ob es wohl mit etwas Zeit möglich wäre, den roten Rivalen so unter wirtschaftlichen Druck zu setzen, dass man ihm die Arena, dieses wundervolle Stadion, entreißen und zur „Löwen-Arena“ machen könnte.
Nur noch eine Minute war zu spielen, als das leise, merkwürdige Geräusch, das bisher niemand so richtig wahrgenommen hatte, nach und nach zu einem schrillen Pfeifen anschwoll, und sich die ersten Blicke nach oben zur viereckigen Öffnung des Arenadaches richteten.
Die Ankunft
„Und du bist dir sicher, dass es einer ist, Käpt’n?“
„Logisch; was soll es denn sonst sein?“, antwortete Slaggdryff dem Piloten.
„Aber warum sollten die hier denn einen Landereifen haben?“, entgegnete Ybbstarzz hartnäckig seinem Kommandanten.
„Warum denn nicht?“, meinte dieser gelassen, „Jedenfalls hat das Teil bestimmt nicht zufällig die exakt korrekten Abmessungen der Eindocköffnung und die ionenabsorbierende Rautenhülle. Sieht doch ein blinder Höhlenwarrz, dass das ein Landereifen ist. Mach jetzt kein Gezeter, sondern bring uns einfach runter.“
„Du bist der Chef, Käpt’n.“ Ybbstarzz zuckte resigniert mit den Ansätzen seiner Tentakel und leitete die Landesequenz ein. „Klar zum Fisten!“
„Spar dir die Ferkeleien und konzentrier dich lieber“, schimpfte Slaggdryff, „auch bei einer einfachen Reifenlandung sollte man bei der Sache sein!“
Es lief auch alles völlig normal. Bis fast ganz zum Schluss. Die Sicherheitsmeldungen der Mannschaftsteile auf den diversen Decks waren ohne Befund und der Sinkorbit war perfekt berechnet. Die aktiven Leitstrahlen hatten die Ränder der Eindocköffnung erfasst und das Schiff ausgerichtet. Doch genau, als es in die Öffnung sank und den Triebwerksausstoß drosselte, um die verbleibende Restdistanz bis zum Boden bestimmungsgemäß vom Landereifen abfedern zu lassen, erschütterte ein fürchterlicher Schlag das Schiff und es sackte durch und schlug auf.
Der Landereifen war halt doch kein solcher.
Der Schlusspfiff
Das Pfeifen über ihren Köpfen war zu einem ohrenbetäubenden Tosen angeschwollen und sogar die Spieler und Schiedsrichter blickten nun nach oben. Ein Objekt am Himmel über der Arena, das rasend schnell größer wurde, war das Letzte, was sie sahen. Dann wurden alle vom Plasma-Triebwerksstrahl des Schiffes zu einer Armee schwarzer Statuen verbrannt, bevor sie einen Sekundenbruchteil später zu molekularem Staub zerblasen wurden.
Die schimmernde Hülle des Bauwerks schmolz in der unvorstellbaren Hitze der Schiffstriebwerke; jedoch nur, um im nächsten Augenblick vom Plasmastrahl zu einer seltsamen, dunklen und harten Masse gebacken zu werden, einer Schale, die dem enormen Druck, der sich in ihrem Inneren aufbaute, noch einige mikroskopische Momente länger standhielt.
Dann war auch die Unmenge des in diesem Fußballtempel verbauten Betons verdampft und das ganze Gebilde detonierte mit einem Knall, der sogar in Giesing noch deutlich zu hören war.
Als der Staub sich langsam legte, sah man eine verwüstete Landschaft, in der einige wenige Brocken nicht verdampften Materials unheimlich vor sich hin glommen. Das große Windrad vom Hügel nebenan lag quer über der Autobahn, die Münchens Osten und Norden einfasst. Einige der hier zahlreichen Autobahnbrücken waren von der Druckwelle weggerissen worden.
Wie durch ein Wunder war einer der vier Faultürme der benachbarten Kläranlage nahezu unversehrt geblieben. Nur ein großes Stück der zerfetzten Arenahülle hatte ihn getroffen und steckte jetzt in seiner Außenwand. Auf dem aus dem Faulturm ragenden Teil dieses verbrannten Stücks konnte man mit etwas Anstrengung die Buchstaben „anz“ und „ena“ erkennen.
Das war der Anblick, der sich den Fremden bot, als sie benommen ihr Schiff verließen und Großlappen betraten.
© 2013