TSV 1860 München - FC Ingolstadt Samstag, 08.10.22 um 14.00 Uhr

Die Niederlage hat mich zwar nicht überrascht (s.o.), enttäuscht war ich trotzdem (und das nicht nur wegen dem Geschehen AUF dem Platz).

Vermutlich bin ich der Einzige, der sich nicht übermäßig über die Spielweise der Ingolstädter aufgeregt hat. Einfach, weil ich sie genau so erwartet habe (v.a. finde ich es schräg, über die harte Gangart des Gegners zu schimpfen, während die Leute um mich herum unsere Spieler bei jedem Zweikampf mit „hau ihn, um den Wi…er!“ oder „brich ihm die Hax’n!“ anfeuern…).

Nochmal: Auch wenn wir das anders sehen - für Ingolstadt ist diese Partie ein DERBY. Und mit genau der Einstellung und Aggressivität gehen die in JEDES Duell mit uns (egal unter welchem Trainer!) und kaufen uns den Schneid ab. Genau für solche Spiele wurde damals ein Erdmann geholt, aber der hat sich seine Verwarnungen (gefühlt) hauptsächlich fürs Meckern abgeholt…

Spielerisch war Ingolstadt nicht besser als wir (war in der Vergangenheit oft anders). Mussten sie aber auch nicht sein, die Rollen waren ja klar verteilt: Hier der umjubelte Tabellenführer mit seiner makellosen Heimbilanz und der zweitbesten Offensive der Liga - dort der strauchelnde Absteiger mit nur 1 Sieg aus den letzten 7 Spielen und mageren 12 Toren nach 10 Spieltagen.
Die wollten in erster Linie nur nicht verlieren, durch unseren Angsthasenfußball wurden sie aber immer mutiger.

Dass der rechte Außenverteidiger mit seinem schwachen(!) Fuß auch noch einen Sonntagsschuss der Marke „Tor des Monats“ auspackt, war beispielhaft für eine desaströse 1. Hälfte. Das Tüpfelchen auf dem „i“ wäre noch gewesen, wenn sie den Fehlpass von Hiller ausgenutzt hätten, als er beim Abstoß ausgerutscht ist.

Das Geschehen auf den Rängen war genauso ernüchternd, wie das auf dem Rasen. Anders als von Köllner nach dem BVB-Spiel prophezeit, hat das GWS weder „gebrannt“, noch wurde die Mannschaft „getragen“. Keine Schuldzuweisung, sondern einfach ne Feststellung.

Die 2. HZ hatte was von 1. Runde DFB-Pokal, wo der Favorit nem Rückstand nachläuft und kopflos anrennt, während der Underdog versucht, seine knappe Führung durch Fouls und Verzögerungen über die Zeit zu retten. Nicht schön anzuschauen, aber wenn wir uns von einer so biederen Truppe ihr Spiel aufdrücken lassen, sind wir selber schuld. Beide Teams haben in 90 Minuten ganze 2(!) Bälle aufs Tor gebracht, aber Ingolstadt hat das leider gereicht (das Tor von Skenderovic habe ich nicht mal gesehen, weil meine beiden Jungs auf die Toilette mussten). Bezeichnend, dass wir alle 5 Zweikampfsituationen vor dem 0:2 verlieren.

Dass die Nr. 11 meinte, sie müsste die Westkurve provozieren, war zwar unnötig, aber das gehört für die zum „Derby“-Gepose halt genauso dazu, wie die Pyro-„Show“ (hüstel) der Fans oder das Mannschaftsfoto vorm Gästeblock für Social Media.
Ich habe den Kollegen zwar auch „höflich“ zugerufen, er möge sich doch bitte entfernen. Aber man stelle sich vor, SM9 hätte gegen Rotzwei vor deren Kurve die Vorentscheidung markiert und sich auf den Löwen geklopft? Da hätte es blaue Herzen gehagelt…
Von daher hänge ich die Aktion jetzt auch nicht zu hoch.

Die beiden gelb/rot-würdigen Aktionen der Schanzer habe ich im Stadion nicht wirklich mitbekommen. Zum Einen, weil mein Jüngster (wie erwartet) pünktlich zum Anpfiff auf meinem Schoß eingeschlafen ist und ich die 1. HZ im Sitzen verfolgen musste, während um uns herum (oben in Block L) die Meisten standen. Zum Anderen weil sich direkt neben uns 2 Löwenfans fast an die Gurgel gegangen wären (Grund des Streits: Der Eine wollte dass sich sein Vordermann gefälligst hinsetzt, weil das ja schließlich Sitzplätze sind). „Die Kameradschaft, ja die Kameradschaft…“

Hab mir beide Szenen daheim angeschaut und gehe insoweit mit, dass beide Situationen einen Platzverweis gerechtfertigt hätten. Aber die Kausalkette
2x gelb/rot für Ingolstadt = 2 Mann Überzahl für Sechzig = Punkt/Sieg für Sechzig
halte ich nicht für schlüssig. Das würde ja bedeuten, ein erfahrener Trainer wie Rüdiger Rehm würde bei einem Platzverweis in der 1. Hälfte nicht entsprechend eingreifen und seine Leute ins offene Messer laufen lassen.
Meine Vermutung: Wenn Kopacz nach seinem Foul an Greilinger vom Platz fliegt, nimmt Ingolstadt 1 Stürmer runter (die Situation mit Hiller ergibt sich vermutlich gar nicht), rührt hinten Beton an (beste Abwehr der Liga!) und wir verlieren 0:1. (Alle Angaben selbstverständlich Gewähr!)
Wenn man gemein wäre, könnte man auch sagen, dass bei einem Ingolstädter Platzverweis wieder Gleichstand geherrscht hätte - denn mit Kobylanski auf dem Platz waren wir quasi sowieso nur zu zehnt…

Auf dem Heimweg war für mich dann nochmal ordentlich Fremdschämen angesagt. Erst am Grünspitz, wo manche Gestalten so besoffen waren, dass sie nur noch „Hähig! Hähig! Hähig!“ lallen konnten. Im gut gefüllten Regionalexpress meinten dann ein paar ältere (angetrunkene) Löwenfans und ein junger (angetrunkener) Ingolstädter, quer durch das halbe Abteil Nettigkeiten austauschen zu müssen. Ein Abteil weiter, wo wir einen Platz gefunden hatten, saßen noch 8 Rauschkugeln in Löwenmontur, die immer abwechselnd auf die Zug-Toilette getorkelt sind und die ganze Zeit Anti-FCB-Gesänge gegrölt haben… d.h. sie haben es versucht, denn sie waren weder textsicher, noch kannten sie die Betonungen. Zum Beispiel war nach dem Satz „Wir wollen keine roten Parasiten“ immer Schluss und sie haben sich gegenseitig fragend angeschaut, weil keiner wusste wie der Gesang weitergeht (einer hat’s dann irgendwann gegoogelt). Wollte mir zur Ablenkung den neuen BRUNNENMILLER reinziehen, aber als ich auf der Titelseite „Festung Giesing“ gelesen habe, dachte ich mir nur „ausgerechnet“ und hab ihn wieder weggepackt (hab ihn dann erst am nächsten Tag gelesen und war wie immer top. Aber in dem Moment war mir nicht danach).

Summa summarum:
Bis zum Anpfiff war es ein toller Spieltag (schönes Wetter, mit den Kids die Spielplätze abgeklappert und beim Schinken-Peter lecker zu Mittag gegessen), danach ging es nur noch bergab.

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