Ich möchte Köllner in keiner Weise anprangern, sondern ganz offen meine Sichtweise erläutern. Sie kann selbstverständlich komplett falsch sein.
Michael Köllner wirkt wenn es gut läuft oder er genügend Vorlauf vor Pressekonferenzen oder Gesprächen vor Kamera hatte, äußerst souverän. In Momenten, die er nicht mehr kontrollieren kann, die akut negativ sind, dann ist die Souveränität zumindest aus meiner Sicht nicht mehr zu sehen. Zum ersten Mal aufgefallen ist mir das beim Spiel des TSV 1860 gegen den FC Bayern im Mai 2021. Sein Blick sprach damals Bände. Er wusste zu dem Zeitpunkt, dass das Techtelmechtel mit Wien an dem Tag an die Öffentlichkeit kommen würde und das die restliche Saison schwer werden würde. Erst nachdem er sich wieder gefangen hatte, wirkte er wieder kampfeslustig. Ich habe das immer wieder beobachtet, dass sein Gesichtsausdruck in schwierigen Zeiten von Selbstzweifel geprägt wirkt. Ich sage bewusst „wirkt“. Das kann auch anders sein. Das ist meine Sichtweise.
Köllner kann sich gut verkaufen. Doch der wesentliche Punkt um erfolgreich zu sein, sind die Fragen: Entspricht das was ich präsentiere auch im Hintergrund den Tatsachen? Habe ich grundsätzlich nicht das Gefühl verschiedene Konstellationen / Erfolge rein durch Glück erreicht zu haben, sondern tatsächlich basierend auf meinen eigenen Fähigkeiten und Leistungen? Diese Fragen, so glaube ich, hat Köllner nach 2020/2021 nicht komplett mit „Ja“ beantworten können. Er wusste, meiner Meinung nach, dass es schwer werden würde die Saison (1) noch einmal so zu wiederholen, wenn man nicht aufsteigt oder (2) es sehr schwer werden würde in der 2. Liga zu bestehen (vor allem auch rückblickend auf seine Erfahrungen mit Nürnberg). Und deshalb überlegte er sich, als hoffentlich „Aufstiegsheld“ zu gehen oder aber als zumindest ein Trainer der ein Zeichen bei Sechzig gesetzt hat und Grundlagen schaffte.
Und das zieht sich, das ist meine Meinung und sie kann völlig falsch sein, weiter bis heute. Ich frage mich - glaubt Köllner tatsächlich an seine Fähigkeiten oder weiß er, dass er sich gut präsentieren kann und die Realität vor allem für diejenigen, die näher an ihm dran sind, sich anders zeigt? Denn die Konsequenz wäre, dass sich mich ein Stück weit absondern muss, damit niemand hinter die Fassade wirklich schauen kann. Was dazu führt, dass man weniger auf andere hört, sich auch meinungstechnisch abschottet. Und eben nur noch die „Sprachrohre“ zulässt, die nach der eigenen Pfeife tanzen. Denn ich habe durchaus das Gefühl, hier gab es deutliche Verschiebungen.
Das kann dazu führen, dass man das Gefühl hat immer mehr leisten zu müssen. Das kann zur Überlastung und sogar Burnout führen.
Ich denke, dass es sehr viel zu tun gibt mit dieser Mannschaft. Kann Köllner das wirklich umsetzen? Wenn die Theorie meinerseits in irgendeiner Weise stimmt, dann wohl eher nicht. Weil solange in den Statistiken alles noch stimmt, kann er es für sich noch rechtfertigen. Verliert man allerdings den 2. Platz, dann wird es sehr schwer die oben genannte Spirale aufzuhalten. Der aktuelle Tabellenplatz ist der einzige aktuelle Anker. Vor allem auch weil man so konsequent den Aufstieg ausgerufen hat, von der Aufstiegsfeier gesprochen hat, sie schon fast geplant hat und sich als Trainer auch so vehement in den Vordergrund gespielt hat. Wie gesagt, meine Theorie. Mehr nicht.
Ich hätte mir das alles anders gewünscht. Ich halte von Michael Köllner als Trainer sehr viel. Bis zu einem bestimmten Punkt war er sehr offen, auch für Kritik von außen. Er ist ein Theoretiker, der als Praktiker erst einmal Fuß fassen muss. Nürnberg hin oder her, seine Erfahrungen halten sich in der Praxis schon in Grenzen. Theorie in Praxis umsetzen zu können, ist die Herausforderung, was gerade bei 1860 nicht sehr einfach ist. Gerade auch, dass Köllner schon so viele Bücher geschrieben hat, die sich mit Trainingslehre beschäftigen, ist schon ein wesentlicher Punkt. Andere praktizieren Jahrzehnte lang und schreiben dann. Er hat sich aber von Anfang an ein Bild geschaffen, dass er ein hohes Fachwissen hat. Es ist nun mal so, wer ein Sachbuch veröffentlicht, der hat eine Außenwirkung. Unabhängig vom Inhalt.
Die Theorie muss in der Praxis greifen. Auch bei schwierigen Begebenheiten. Auch bei Druck. Auch bei einem Nicht-Wunsch-Etat. Deshalb hätte ich mir eine kontinuierliche Arbeit gewünscht, statt Köllner zum Aufstiegstrainer zu erklären. Dem man übrigens ein Traum-Etat zu Füßen gelegt hat. Ich war mir sicher, dass wir aufsteigen können, wenn man kontinuierliche Arbeit leistet. Und ich war mich auch sicher, dass Köllner unkündbar ist, selbst wenn man nicht aufsteigt aber die Entwicklung im Auge behält und ggf. ein Aufstieg erst in zwei oder drei Jahren möglich ist. Als man vom Aufstieg so euphorisch geredet hat, verschwand bei mir die gute Laune und die Hoffnung fast vollständig. Und mir geht es dabei nicht darum um den Aufstieg mitspielen zu wollen. Sondern dieses immense, nach außen gefühlt übermächtige präsentieren des Aufstiegskandidaten 1860. Gepaart mit Sprüchen über Becker, Newcastle, Ukraine, Pandemie, etc. war mir das alles viel zu viel Show.
Vielleicht täusche ich mich. Hoffentlich täusche ich mich.