Wenn es nur einen Aktionär gibt, noch dazu den Staat, dann könnte man das wieder rückgängig machen.
Aber es ging Dir ja ursprünglich um Bürokratisierung.
Wenn es nur einen Aktionär gibt, noch dazu den Staat, dann könnte man das wieder rückgängig machen.
Aber es ging Dir ja ursprünglich um Bürokratisierung.
Das Management kam aus der Wirtschaft, nicht aus der Politik. Ich zitier mal aus:
Der Fisch stinkt vom Kopf her – Warum bei der Deutschen Bahn ein Großreinemachen ansteht
Bernhard Knierim und Winfried Wolf
…
Die drei Bahnchefs, die die Deutsche Bahn AG in den ersten mehr als zwei Jahrzehnten ihrer Existenz prägten, waren Heinz Dürr, Hartmut Mehdorn und Rüdiger Grube. Bezieht man den Zeitraum 1990 bis 1993 als diejenige Periode, in der die Bahnprivatisierung intensiv vorbereitet und umgesetzt wurde, mit ein, dann dominierten diese Herren das Eisenbahngeschehen in Deutschland über ein Vierteljahrhundert hinweg – im Zeitraum 1990 bis 2017. Mit einer kurzen, zweijährigen Unterbrechung, in der – 1997 bis 1999 – der Bahnchef Johannes Ludewig hieß. Dürr, Mehdorn und Grube hatten alle drei vor ihrem Amtsantritt nie etwas mit Eisenbahn zu tun. Sie hatten alle drei den wichtigsten Teil ihrer beruflichen Karriere in der Kaderschmiede des Daimler-Konzerns absolviert. Alle drei hatten sie im Daimler- DASA-Airbus-Imperium den entscheidenden Teil ihrer Prägung in der Wirtschaftswelt erhalten. Dürr hatte Mehdorn als seinen Nachfolger vorgeschlagen. Mehdorn hatte Grube als Nachfolger ins Spiel gebracht. Grube war bei Daimler-DASA Mehdorns Büroleiter gewesen. Man kann das Ganze als die Daimler-DB-Dynastie bezeichnen.
Passt in den Witze-Fred.
Die Bahn ist organisiert wie ein privatwirtschaftliches Unternehmen, trägt aber kein unternehmerisches Risiko. Sie kann nicht insolvent gehen und wenn Einnahmen ausbleiben darf man auf Zuschüsse hoffen. Sämtliche Defizite werden notfalls vom Einzelaktionär, dem Staat, ausgeglichen.
Und je schlechter die Performance umso mehr Kohle kann man beim Staat abgreifen und bei Infrastrukturprojekten langt man auch richtig hin. Wichtig ist nicht ein funktionaler Bahnhof sondern genügend Sondererträge z.B. durch Shopping Malls. Den Großteil der Rechnung trägt eh der Steuerzahler.
Diese unglückliche Kombination führt aus meiner Sicht zu einer Scheissegal Mentalität, bei welcher der Kunde zunehmend in die Röhre schaut.
Insofern haben beide Seiten recht. Entweder man macht aus der Bahn einen echten Privatbetrieb. Dann sollte man aber das Netz abtrennen und die Bahn weiter aufspalten.
Oder man macht aus der Bahn wieder einen echten Staatsbetrieb inkl. teilweise Verbeamtung, Gehaltsobergrenzen und dann ohne Streikrecht.
Da die Bahn auch einen gesellschaftlichen Auftrag hat, bei dem man nicht nur auf Rendite schauen sollte, sehe ich eine Komplettprivatisierung selbst skeptisch. Im Ergebnis hätte man im Idealfall tolle Verbindungen zwischen den Metropolen und eine komplett abgehängte Region (weil sich das nicht rentiert).
Egal was kommt (vermutlich kommt aber einfach gar nichts), es wäre eine Mammutaufgabe.
Schön zusammengefasst.
Die Bahnler, die sie damals in Rente geschickt haben, lachen heute noch.
Gibt´s bei uns im Dorf auch 1-2 Beispiele, die das einfach dankend mitgenommen haben. Das Gleiche bei der Post. Aber naja…
In der heutigen Zeit MUSS es einfach möglich sein Züge abgestimmter und pünktlicher fahren zu lassen, als noch vor 35 Jahren.
Das Problem hier ist die mangelnde digitale Streckentechnik. Hier wird versucht mit der Technologie der ersten Häfte des 20 Jhd doppelt so viele Züge, mit sehr stark differierenden Geschwindigkeiten zu planen und abzustimmen. Die Komplexität dieser Aufgabe, noch dazu mit einer ganzen Reihe deutscher und europäischer Eisenbahnunternehmen im Verbund, darf nicht unterschätzt werden.
Eigentlich ist es ein Wunder, dass aktuell alles so gut funktioniert. Und das ist alleine dem Einsatz und der Leidenschaft der vielen Eisenbahner zu verdanken. Die zum Dank dafür auch noch mit minimalen Angeboten seitens der Arbeitgeber demotiviert werden.
Das waren sicher untere Einkommensgruppen. Von den im Jahr 2018 noch verbliebenen 30.800 Beamten waren nach Angaben der Bahn 26.500 im aktiven Dienst. Rund 3.500 davon waren beurlaubt, „vor allem um als Führungskräfte zu besseren Konditionen tätig sein zu können.“ Also deutlich höheres Gehalt kassieren, aber Beamtenansprüche nicht verlieren. Irgendjemand hat sicher von der Privatisierung profitiert. Ich kann mich noch erinnern, wer damals am lautesten dafür war.
Zum Thema Bahn möchte ich zwei Anekdoten beitragen, die m.e. ein Schlaglicht auf die Problematik werfen - und das unabhängig von Biographien der Chefs oder dem Status privat/staatlich.
Vor wenigen Tagen bin ich mit der S-Bahnlinie S6 nach Frankfurt gefahren.
Diese Linie hat sich viele Jahre das Gleis mit Regionalbahnen, ICE und Güterzügen geteilt.
Von den ersten Planungen bis zu Fertigstellung (einer Teilstrecke) im Februar 2024 sind ca. 30 Jahre (!!) vergangen.
Gerade heute bin ich mit einem schnellen Zug in Korea ca 300 km von Seoul in den Süden gefahren. Hier teilt sich kein dem ICE vergleichbarer Zug die Strecke mit einer Regio- oder Stadtbahn. Hin und Rückfahrt waren bis auf ca. zwei Minuten genau pünktlich. Das hatte ich in den letzten 12 Monaten bei ICE Fahrten höchstens 1x (von ca 10 Fahrten).
Der politische Wille im Bund die Bahn zu stärken war die letzten 30 Jahre nur bla bla, der politische Wille der Kommunen ist oft u.a. an der Rechtslage gescheitert und keiner will persönliche Verantwortung übernehmen.
Ergebnis: unter den Voraussetzungen läuft es sogar noch „gut“ - siehe Post von MichiS.
Gemessen an den Zielen und an dem was andere Länder hier erreicht haben, ist es ein Armutszeugnis für Deutschland. Und selbst wenn morgen das Thema zügig angegangen würde, dauert es mindesten ein Jahrzehnt hier wieder aufzuholen.
Ich finde man muss auch das Positive sehen. Schließlich haben uns die Verkehrsminister der CSU um jeden stillgelegten Bahnhof einen hübschen Kreisverkehr gebaut.
Selbst in diesem Fred einen Seitenhieb gegen die Arge einbauen… Schäm dich!
Das lässt die Verkehrspolitik der letzten Jahrzehnte allerdings in einem neuen Licht erscheinen . . .
Ich finde, dass die Grafik des europäischen Vergleichs der Pro Kopf-Ausgaben für die Eisenbahn-Infrastruktur das ganze Debakel immer noch am treffendsten auf den Punkt bringt: Investitionen in die Schieneninfrastruktur - Allianz pro Schiene.
Am Ende kriegt man eben das, wo Geld investiert wird. Bei uns ist das nun mal der Autoverkehr. Und wenn man sehen will, wie es auch anders geht, muss man gar nicht nach Südkorea. Österreich und die Schweiz tun es auch.
Und wie stellt man dann sicher dass die Bahn dann nicht einfach wie in München mit rund 1 Mrd. eine neue Shopping Mall nebst Büroturm errichtet?
Widerstand gegen Abrisspläne für den Starnberger Flügelbahnhof regt sich. Die Stadt genehmigte den Bebauungsplan der Bahn für einen Büroturm.
Stuttgart 21 kostet inzwischen über 11 Mrd. Euro und die Bahn hat dafür aus einem Bahnhof einen Bahnhof gebastelt.
Hab ich irgendwo geschrieben, dass man der Bahn das Geld bedingungslos und ohne hinzuschauen in den Rachen werfen soll?
Nein das hast Du selbstverständlich nicht. Mich stört nur der häufige Ruf nach mehr Geld, obwohl die Bahn leider viel Kohle einfach verjubelt bzw. in weitgehend sinnlose Projekte steckt.
Die Bahn soll ihre Kunden möglichst schnell, zuverlässig, preiswert und komfortabel von A nach B bringen. Vermutlich braucht es dazu auch mehr Geld, aber aus meiner Sicht vor allem ein Umdenken in der Führungsetage (und der Politik). Die Kritik von Gewerkschaftsführer Claus Weselky halte ich für berechtigt.
Zur (Beschäftigungs)truktur bei der Bahn (vermutlich etwas provokant formuliert) mit Timestamp
Gutes Interview. Wenn man mal das ganze Alpha-Getöne von Weselsky überhört, schwingt da schon viel (bittere) Wahrheit über die Bahn mit.
Das man nun den lukrativsten Teil(DB Schenker) verkaufen möchte kann ich jedoch nicht nachvollziehen.
Auch wenn dieser nix mit dem Kerngeschäft zu tun hat, hätte man hier viel mehr für eine Vernetzung von Straße und Schiene tun können vielleicht sogar müssen.
Mich würde nicht wundern wenn hier für die Bahn resp. den Steuerzahler wieder ein Scheiß-Geschäft zustande kommt.
Es ist grundsätzlich ein Fehler ein staatliches (formell privates) Instrument zur Personenbeförderung nach dem finanziellen zu messen. Sowas wird immer ein Zuschussgeschäft sein, so wie bspw. das Gesundheitssystem auch.
Aber es wird eben wie ein profitorientiertes Unternehmen geführt. Zumindest auf Arbeiterebene. In gehobeneren Positionen (bei weitem nicht nur die Vorstandsebene) wird Geld eingesackt dass es einem schlecht wird. Unterdessen darf der Mitarbeiter (egal ob Leitstelle, Fahrdienstleiter, Werkstatt, Lokführer oder Zugpersonal) schauen wie er mit der heruntergesparten Infrastruktur zurecht kommt. Dafür bekommt er brav auch noch saftiges von der Kundschaft anzuhören. Bravo.
Wenn ich bei mir am Zug oder auf der Strecke eine Störung habe, geht mir zb die einzige Pause flöten. Die wird zwar dann bezahlt, aber im Endeffekt darf ich dann meine 10, 11 oder gar 12 Stunden Schicht ohne Pause durch arbeiten. Neulich hatte ich Pause in einem Raum ohne Heizung. War schön, Pause mitten in der Nacht in Geltendorf in einem heruntergekommenen Pausenraum ohne Heizung (und ohne Alternative). Das passiert mindestens 1x pro Woche. Also beides. Von Mehrarbeit nicht zu reden. Mittlerweile wurden die Schichten wegen der Personallage verdichtet. Also mehr Züge pro Schicht fahren. Im Endeffekt habe ich jetzt das Problem, dass ich 3 bis 4 Stunden nicht mehr aufs Klo gehen kann ohne meinen Zug zu verspäten. Und das wird nicht mehr besser. Die Ausbildungsgruppen sind leer und die paar Hanseln die da sind müssen noch durch die Prüfungen (und die sind richtig knackig - naturgemäß fällt mindestens 1/3 durch) und die müssen dann auch noch bleiben wollen. Im Durchschnitt bleiben von einer 15 Gruppe (die die Umschulung anfangen) nach 2 Jahren noch 3 übrig. Das kann nix werden.
Man kann den Claus blöd finden oder arrogant oder unsympathisch, aber er hat einfach recht mit dem was er sagt und da muss dringend was getan werden. Sehr schnell sogar. Sonst wird es bald niemanden mehr geben die hier herum fahren. Besonders bei der SBahn.
Und falls irgendjemand wieder mit „autonom“ daher kommt. Viel Spaß beim Warten. Die SBahn benötigt knapp 20 Jahre um einen Tunnel zu graben. Die SBahnen (nicht die ganz alten, sondern die Standard Züge) fahren mit Windows 95 und dürfen noch nichtmal durch den neuen Tunnel fahren wenn der mal fertig ist. Ebenso funktioniert autonomes Fahren allerhöchstens auf den neuen Schnellstrecken. Aber nicht im SBahn Betrieb. Ich muss fast täglich Systeme am Fahrzeug umgehen, damit ich meine Fahrt nach einer Störung fortsetzen kann. Das funktioniert dann alles nicht mehr. Sprich: Der Zug bleibt stehen bis jemand kommt und das Zugsicherungssystem umgeht.
Also autonomes Fahren wird frühestens mit dem Deutschlandtakt kommen…und der wurde ja erst auf 2078 verschoben. Frühestens
Und noch ein Zusatz zu den Umschulungen und Personalzahlen. Das wurde zwar vom Gesamtkonzern ausgegeben aber letztlich dürfte das Verhältnis auch bei ser SBahn passen. Die Bahn will 25.000 Leite einstellen, um 8.000 Leute am Ende des Jahres mehr zu haben. Also verlassen alleine schon 17.000 Mitarbeiter das Unternehmen (Ruheständler und bereits erfolgte Kündigungen). Noch nicht dabei sind Kündigungen die nach Jahresbeginn gekommen sind und noch kommen werden.
Mittlerweile bilden wir Lokführer in Ägypten aus. Von der Gruppe bekommen wir bei der SBahn im Sommer ganze 4 Leute und es hängt schon ein Werbezettel im Personalraum am Ostbahnhof, dass man doch bescheid sagen möchte ob die Verwandten in Kroatien nicht auch Lust auf die Ausbildung hätten. Man hat es bereits mit einer Gruppe aus Griechenland probiert, einer rumänischen Gruppe, einer ukrainischen und einer mit Asylbewerbern. Hat alles nix genutzt, die sind, bis auf eine Handvoll alle wieder weg…also aus allen Gruppen kombiniert. Es hat nur mega viel Geld verschlungen, man konnte öffenlichkeitswirksam sagen wie viele man eingestellt hat und am eigenen Personal möchte man gerne sparen. Und nebenbei auch nicht die Rahmenbedingungen schaffen um den Job attraktiver zu gestalten um die Leute zu binden und zu halten.
Ehrlich gesagt hätte ich nicht gedacht dass es so schlimm ist. Und dabei hatte ich sogar überlegt die letzten paar Jahre meines Berufslebens noch ein wenig Bahn zu fahren.
Der Job selbst macht unheimlich Spaß und ist grundsätzlich die beste Entscheidung für mich gewesen (war zuvor über 15 Jahre im Büro). Aber er hat auch sehr viele Schattenseiten die nicht so offensichtlich sind und die man definitiv kennen und abkönnen muss.
Ich kann gerne auf Wunsch noch mehr Infos geben was Zusammensetzung vom Lohn betrifft (was das für Vor- und Nachteile hat), die Schichtplanung oder was Dich (oder Euch im Allgemeinen noch dazu interessiert). Natürlich kann ich immer nur von der SBahn München reden. Woanders, gerade im Fernverkehr haben sie komplett andere Voraussetzungen und entsprechend andere betriebliche Auswirkungen (manchmal besser als hier, manchmal schlechter)