Schöne Geschichte, gefällt mir. Ich hoffe, dass ich nicht ansatzweise so ein nervensägender Wichser bin. Herausfinden kann ichs leider nicht, weil mich schon lange keiner mehr zum Abendessen eingeladen hat :o(
Leben und leben lassen ist genau meine Rede. Ich hab mit PC auch so meine Probleme. Wenn sie um ihrer selbst Willen eingefordert wird, dann ist sie wirklich bemitleidenswert, da brauch ma die Hand ned dafür umdrehen. Und nur dann ist sie auch übertrieben, weil ohne Substanz, die einem überhaupt eine eigene Einsicht oder ein Verständnis abgerungen hat.
Die Amis haben allein durch die Einführung dieses Begriffs Einsicht und Verständnis in eine standarisierte Form gezwängt, die zu einem unhinterfragbaren Zwang führt (bzw. diese PC zumindest als solchen erscheinen läßt) und es somit unmöglich macht, sich mit dem Inhalt und der Begründung selbst auseinanderzusetzen, um Sinn oder Unsinn der jeweiligen PC-(An)Forderungen überhaupt beurteil- oder nachvollziehbar zu machen. Und das führt leider zu der wahrscheinlich nicht falschen Feststellung, dass…
Jeder Versuch, irgendetwas im Bewußtsein Anderer zu verändern (z.B. in Diskussionen, weil drum führt man diese ja), mündet dann darin, dass einem gleich dieses leidige PC-Gschmarre um die Ohren gehauen wird. Dieser Vorwurf wird ebenfalls gerne als Totschlagargument verwendet und funktioniert um so leichter, je mehr PC eben um ihrer selbst Willen um sich greift.
Ich will nicht politisch korrekt sein. Ich will eine eigene Entscheidung treffen, die mit meinem Menschenbild im Einklang steht. Und diese Entscheidung und dieses Menschenbild stell ich zur Diskussion. Schade, dass viele scheinbar durch die verständliche PC-Paranoia eben diese Keule überall gleich wittern und daher von vorneherein in Diskussionen in ebenso wenig selbsthinterfragte Abwehrhaltungen verfallen.
Mit Moral hat dieses Thema von meiner Seite her absolut nichts zu tun. Die (für mich in mancher Hinsicht zweifelhafte) Moral findet man meiner Ansicht nach eher bei jenen, die entweder homophob/schwulenfeindlich sind oder Homosexuellen die Gleichstellung vorenthalten wollen. Diese intolerante und ausgrenzende Moral kommt aus dem christlich-abendländischem Selbstverständnis mit ihren nicht mehr zeitgemäßen Sexualvorstellungen. Selbiges gilt für andere Religionen, die mit ihren althergebrachten Vorstellungen, wie man z.B. zu lieben hat, ihr Moralsystem speisen. Aber ganz langsam tut sich (immer) was, wenn auch zäh. Vieles hinkt halt der Zeit hinterher und viele möchten an das, was mal mit dem Anspruch auf absolute Richtigkeit gelehrt wurde, immer festhalten, weil sie Ideologien mit unwandelbaren Naturgesetzen verwechseln.
Natürlich gibts dann auch jene, die ihre Abneigung mit biologisch-funktionellen Gesetzmäßigkeiten begründen. Aber denen geht wiederum Empathie für Individuen ab, die halt nur anders sind, aber damit auch niemanden schaden. Könnt man genauso gut Linkshänder dissen, bei denen scheints von der Norm abweichend die Gehirnhälften in ihrer Funktionalität vertauscht sind.
Und hätte annodunnemal ein Prophet der abrahamitischen Religionstradition aus irgendwelchen Gründen Linkshänder als des Teufels bezeichnet, dann würden wir heute vielleicht eine Diskussion darüber führen, inwieweit diese „Linken“ abartig oder wirklich gleichwertig sind und obs wirklich so schlimm wär, dass man im Stadion „du linke Sau“ schreit. Etliche von uns würden sagen, dass sie auch Linkshänder kennen, manche schreien deswegen nicht mit, andere wollen sich von einer übertriebenen PC nicht verbieten lassen „Linkshänder“ als Beschimpfung einzusetzen. Die Linkshänder selber würden in unserer modernen Gesellschaft nicht mehr an jeder Ecke niedergeprügelt, überfluten stattdessen die Dailysoaps mit Linkshänderklischeerollen, sind aber steuerlich benachteiligt, weil sie dadurch Mehrkosten verursachen, dass wegen ihnen extra staatlich subventionierte Fließbänder in der Gegenrichtung bereitgestellt werden müssen.
Das mit den Linkshändern ist jetzt möglicherweise für viele wieder ein Totschlagargument… blöd von mir.
Glaubst du übrigens wirklich, dass ein einfaches „hör doch auf mit dem Schmarrn“ eine größere Wirkung auf homophob eingestellte oder diesbezüglich desinteressierte Folkloristen hat? Grade weil doch…
Eben. Die schreien halt einfach. Sollen sie von mir aus auch gerne.
Wer die Grenze bestimmt ist klar: Jeder für sich selbst. Oder vielleicht doch die Masse? Oder das was angesagt ist? Nein: tatsächlich jeder für sich selbst, ausser er gibt seine Individualität komplett an die Masse ab.
Aber es spricht nichts dagegen, sich untereinander über die jeweilig eigenen Grenzen auszutauschen. Sie können nämlich verschoben werden, ausser man sieht sich als fertig und abgeschlossen an - so wie ich bin, so bleib ich - keine persönliche Entwicklung, kein Interesse, keine neuen Impulse, kein Hinterfragen, Ende der persönlichen Fahnenstange. Oder es ist einem scheißegal, hauptsache Rutschiputschi in der Menge.
Ich hab meine Grenze, die ich in diesem Thread auch begründet hab. Ich definier sie für jede einzelne der oben genannten Schmähungen. Du Hoeneß – Du Bullenschwein – Du Hurensohn – Du Drecksau – Du Arschloch – Du Bayernschwein – Du Bauer – Du Wichser – Du Nuttenarsch… für mich alles kein Problem und ich mach mir keine sinnlosen Gedanken, ob hinter jeder dieser Schmähungen eventuell eine „Diskriminierung“ stehen könnte. Das mag für manche recht willkürlich daherkommen, weil ich ja „du schwule Sau“ nicht gut finde und das auch so vertrete. Andere haben auch eine willkürlich gezogene Grenze, würden zwar „du Drecks-Nigger“ nicht schreien, „schwule Sau“ aber schon. Kann ich nicht nachvollziehen, weil beides für mich die gleiche Qualität hat, die sich von dem anderen Zeugs unterscheidet.
Und da möcht ich mich an den Beitrag von friedhofstribüne anlehnen:
Wie wärs, wenn jeder, der aus reinen Folkloregründen und weils einfach dazugehört „schwul“ schreit, einfach mal einen (oder mehrere) ihm bekannten Schwulen frägt, was dieser davon hält, dass quasi er als herabwürdigende Beleidigung benutzt wird? Vielleicht bringt das Erkenntnis in irgendeiner Richtung.