Wm 2014

ich noch einmal wacher als nachts um 2 Uhr. Vielleicht müssen wir ein paar Missverständnisse klären oder die Situation etwas präziser beschreiben, das ist die erwähnte Gemengelage in Brasilen
Es geht hier nicht um einen Protest gegen das Spiel, gegen Fußball, gegen die Fifa, gegen Kommerz im Fußball, wie wir das aus Europa kennen, Reclaim the game und so, sondern es geht um einen gesamtgesellschaftlichen Protest, der sich gegen die herrschenden Zustände im Land richtet. Der Unmut hat sich beim ConFed-Cup erstmals und da noch für alle überraschend Luft verschafft. Auslöser war eine Fahrpreiserhöhung der Busse in Sao Paulo um 20 Centavos pro Fahrt, das sind 7 EURO-Cent. Die Erhöhung wurde zurückgenommen, die Krawalle blieben.

Brasilien hat 10 Jahre Aufschwung hinter sich, die Menschen haben Autos gekauft, viele können konsumieren, endlich, der untere Mittelstand ist um 20 Millionen Menschen angewachsen. Diese Konsumfähigkeit ist ein Erfolg. Aber 10 Jahre Aufschwung haben nicht dazu geführt, dass sich strukturell etwas geändert hat. Die Infrastruktur funktioniert nicht, die Verwaltung funktioniert nicht (was die Urlauber merken werden, wenn sie die Einreise egal wo, Rio, Recife, Fortaleza, Salvador, probieren, es dauert), die Polizei ist korrupt bis gefährlich, pro Jahr werden 2000 unterbezahlte Polizisten ermordet, 4000 Frauen sterben durch häusliche Gewalt ihrer Partner pro Jahr, als gerade in Salvador 2 Tage Streik der Polizisten waren, sind dort 39 Menschen (mehr) ermordet worden. Das Schulsystem funktioniert nicht, wegen des Maracana wurde eine uralte beliebte Schule direkt am Maracana abgerissen, das Gesundheitssystem mit seiner Grundversorgung ist ein Witz. Die Löhne sind niedrig, und bei einem Umrechnungskurs von 1:3 ist die Kaufkraft des Real in etwa wie die Kaufkraft des EUR in München anzusetzen. Vor einem Monat gab es einen Protest in einer Favela oberhalb von Copacabana, bei dem ein unbeteiligter und berühmter Tänzer von der Polizei erschossen wurde. Die Krawalle erstreckten sich dann bis nach Copacabana, wo ich kurz zuvor noch entspannt spazieren konnte. Arbeitsschutz? Siehe Baustellen für die WM. Verzögerungen beim Bau? Die Folge von Korruption.

Und Dilma Rousseff hat keine Antworten darauf, eine weitere starke Mutti, die salbungsvoll redet, aber nichts erreicht. Die zweitstärkste Frau der Welt und ihre Partei vermögen keine Antworten auf die Probleme zu geben.

Keine Ahnung, wie dieses Land überhaupt funktioniert. Die Leute aber merken, dass es so, wie es ist, nicht erträglich ist, und da reichen dann bereits 7 Cent pro Busfahrt, um Straßenschlachten auszulösen.

Agostino: Das hat überhaupt nichts mit Fußball und WM zu tun. Die WM-Gegner werden protestieren, und vielleicht sind sie tatsächlich nicht intelligenter als hier und werden ob der Tore verstummen (der große Fifa-Traum, dass es wie immer funktionieren wird, rollt der Ball, dann sind die Leute begeistert, worauf man ja gerade im Fall von Brasilien gesetzt hat. Ich glaube aber, dass bevor der Fußballprotest verebbt ist, die gesamtgesellschaftliche Randale längst eingesetzt hat.

Übrigens war ich im Januar im Palacio Tiradentes in Rio de Janeiro, dem ehemaligen Parlamentsgebäude Brasiliens, bevor die Regierung dann 1960 nach Brasilia gezogen ist. Januar! Da war es ruhig. Aber alle Fenster sind dauerhaft mit dicken Holzplatten vor Wurfgeschossen gesichert, seit den letzten Krawallen.

So viel vielleicht zur Erwartungshaltung des politischen Establishments, was die WM 2014 betrifft.

Wünschen, um das klarzustellen, tu ich das weder der WM noch denjenigen in Brasilien die sich drauf freuen, auch nicht dem Kraibuger und co. die sollen alle ihren Spaß im schönen und schwierigen Brasilien haben, und vielleicht bleibt es ja ruhig, ich werde mich nicht darüber mokieren, ist mir egal, das wünsche ich meinen brasilianischen Freunden (Mittelklasse) auch, aber Die Situation ist wie beschrieben höchst explosiv, und mir fehlt die Fantasie, dass die Regierungs- und Politikgegner (losgelöst vom Fußball) diese Chance, aufzufallen, nicht nutzen würden. Wenn man dann bedenkt, dass Brasilien wie auch Argentinien insgesamt in seiner Bevölkerung viel gewalttätiger ist als wir in Europa, sind Bedenken angebracht, was den ruhigen Ablauf der WM betrifft.

Vielen Dank für deine Einschätzung!

Danke Chris für deine Mutmaßung, ich wäre gut organisiert. Ich hab dicht gut 10 Tage durch Israel gebracht, also schaffe ich die drei Wochen in Brasilien auch schaffen.

Jedem, der Brasilien im Allgemeinen besucht, ist bekannt dass die Möglichkeit, ausgeraubt zu werden sehr hoch ist. Während dieser WM ist die Möglichkeit sicherlich noch höher, wenn 800.000 wandelnde Geldbeutel mehr durch die Straßen der Großstädte ziehen.

Dass die Gesellschaft die Probleme ihrer strukturellen Defizite auf die FIFA focussiert und die Demonstrationen auf den Zeitraum, in der das Land in der Weltöffentlichkeit steht kanalisiert ist doch ihr gutes Recht.

Ich fahre natürlich auch mit einem ziemlich flauen Gefühl nach Brasilien. Eine endgültige Einschätzung darüber, ob sich die Gewalt/kriminelle Energie nun erst Recht auch gegen Fußball-Touristen bündelt konnte mir verständlicherweise noch niemand abgeben. Es bleibt für mich zu hoffen dass die Leute demonstrieren und protestieren. Und aber gleichzeitig erkennen, dass ICH nicht an ihrer Situation schuld bin. Ich fahre nach Brasilien weil ich genauso wie in jedem anderen Land mir mein eigenes Bild machen will. Eines, das nicht durch westliche Medien geprägt ist, sondern von absolut subjektiven eigenen Erfahrungen, persönlichen Gesprächen und Eindrücken.

Es wird ein interessanter Trip. Aber wenn ich wollen würde, dass es so ist wie daheim, dann kann ich auch daheim bleiben!

Du bist als Fußballtourist für die Protestler völlig uninteressant. Der Protest - vielleicht ist auch das nicht klar genug - ist auch in dem Sinne nicht politisch, dass Menschen nicht zum Fußball gehen sollten, um den Protest nicht zu schwächen. Ich überlege mir gerade, ob es hier solche Gedanken zu den Zusammenhängen Fußball - Krawall gibt. Und muss lachen. Nein, überhaupt nicht, den WM-Gegnern und Allgemeinprotestlern dürfte es völlig egal sein, wer warum zur WM fährt. Die Protestrichtung sind alleine die FIFA (im engeren Rahmen) und dann vor allem der eigene Staatsapparat, die Regierenden. Schwierig ist wie gesagt, dass noch in diesem Jahr Parlamentswahlen und Präsidentenwahlen sind. Dilma Rousseff will wiedergewählt werden, und hat auch gute Aussichten, das konservative Lager kann also nicht daran interessiert sein, dass es ruhig bleibt. Ehrlich gesagt kann ich mir gut vorstellen, dass diejenigen, die nicht regieren, mit aller Macht den Protest und die Krawalle fördern wollen, um Rousseff keinen nationalen Rausch (WM-Titel) für eine Wiederwahl zu ermöglichen. Man kann sogar davon ausgehen, dass das passiert.

Wie wirr der Protest ist, kam neulich in einem Interview mit dem Schriftsteller Luiz Ruffato zu Tage, der meinte, dass der Protest völlig uneinheitlich sei und sich viele der Protestler überhaupt nicht für die WM interessieren würden. Zum Beispiel wäre da auch eine Gruppe dabei gewesen, die sich für kostenloses Futter für ihre Haustiere eingesetzt hat :-).

Nochmals: du bist da als WM-Tourist als unmittelbare Zielscheibe komplett uninteressant, du darfst bloß nicht zur falschen Zeit am falschen Ort sein.

vielleicht etwas, was dich freuen wird: Deutschland und Deutsche genießen in Brasilien ein extrem hohes Ansehen. Erfolgreiche Nation, wirtschaftlich stark, mit technisch starkem Fußball, ein Sehnsuchtsland, Vorbildsland. 2. Weltkrieg und deutsche Vergangenheit? Interessieren in Brasilien niemanden. Die ewige europäische Rechtfertigungsleier, wie schlimm wir denn eigentlich sind als Deutsche, wirst du dort nicht hören. Ich war häufig in einer Familie in Fortaleza, gehobener Mittelstand. Wenn ich da ankam, kam ein mich irritierendes lachendes „Heil Hitler“. Schock für die Leser hier? Für mich damals schon, und ich habe mich ein wenig gewunden, wie sollte ich auf so etwas von einem brasilianischen Anwalt reagieren? Ich hab’s runtergespielt, weil es dort keinerlei ernste vorwurfsvolle Geschichtsbewertung gibt. Nun ja, vielleicht sollte man auche einfach nur sagen: „Ist halt Südamerika“ (Rattenlinie, Argentinien, Bariloche). Aber jedenfalls als Deutscher wirst du da überwiegend auf freundliche, interessierte Menschen treffen, von denen allerdings keiner englisch spricht. Kommunikation in Brasilien geht fast ausschließlich auf portugiesisch.

Zu der Gefahr von Überfällen oder Taschendieben:

das ist nicht das Problem. Problem Nr. 1 ist wie in allen Krisenzonen, dass du nicht genau erkennst wo es ungefährlich ist und wo das Problem beginnt.
Problem Nr. 2 ist, dass ein Großteil der Delikte von sehr armen Menschen oder - noch viel schlimmer - von Drogensüchtigen verübt wird. Bei beiden, insbesondere bei den Süchtigen, ist die Hemmschwelle für eine über den Raub hinaus gehende Gewaltanwendung, also Körperverletzung mit Todesfolge, äußerst gering. Die brauchen Geld für ihr nächste Crack, und wenn es mit dir als Opfer Probleme gibt, weil du dich wehrst oder versuchst wegzulaufen oder zu wenig bei dir hast oder zu lange kramst, dann wird es ganz schnell ganz eng.
Problem Nr. 3 ist die Nacht: versucht bitte nicht, nachts um 3 Uhr aus einer Kneipe zum Beispiel in der Rua Riachuelo kommend (hinter den Arcos da Lapa) irgendwas zu Fuß zu machen: Lebensgefahr.

Die Arcos selbst sind während der WM sicher (da ist dieser geile Irish Pub direkt neben den Arcos), die waren früher auch als Cracklandia (Land der Cracksüchtigen) verschriehen, da war schon im Januar ein massives Polizeiaufgebot, dass man also an den Arcos selbst völlig entspannt sein konnte (Arcos da Lapa und Rua Riachuelo, das Viertel Mem de Sa übrigens die besten Ausgehbereiche, vergiss Ipanema und Copacabana).

Ankedote? Dir hatte ich sie erzähtl, wenn ich mich richtig erinnere. Kurz bevor der Bondinho geschlossen hat (die kleine gelbe Straßenbahn, die auch über die Arcos da Lapa fährt) (jetzt zur WM wieder eröffnet, unbedingt mit fahren nach Santa Teresa), hat sich auf den Arcos ein französischer Tourist an dieser Straßenbahn (offen wie Cable Car SF) nicht richtig festgehalten, ist rausgestürzt, die Sicherungsnetze haben nicht gehalten, er ist in seinen Tod gefallen, 15, 17 m tief. Noch bevor die Polizei da war, ist der Tote ausgeraubt worden.

Es ist ein schräges, schönes, geiles Land, aber pass nachts vor allem und noch mehr angetrunken auf dich auf. Nachts ist es wie im Meer. Die Raubfische kommen, die anderen Fische versuchen, sich in Felsritzen zu verstecken, bis das schützende Licht zurückkehrt. Ich habe mich jetzt noch im Januar um Mitternacht extrem unwohl gefühlt an der Copacabana. Nur wenn sehr viele Leute unterwegs sind, ist das sicher.

Nur der Vollständigkeit halber: Die Orte, die du eben beschrieben hast sind in Rio?

Vielen Dank für deine Ausführungen. Wie gesagt ist mir bewusst dass was passieren kann. Ich bin kein Held und werde den auch nicht spielen, wenn jemand Geld von mir will. Ich habs mittlerweile schon als Art „Folklore“ abgestempelt, mindestens einmal ausgeraubt oder überfallen zu werden. Mittlerweile wäre ich vielleicht sogar enttäuscht, sollte mir nichts dergleichen passieren.

Also von mir aus könnte es los gehen!

Klasse Bericht ! Wir waren vor einigen Jahren auch schon als Touri in Rio, Salvador und Iguazu und haben auch das ein oder andere
Mal etwas Panik bekommen. Ähnliche Erfahrungen haben wir aber auch in Südafrika oder auch USA gemacht.
Immer da, wo arm und reich extrem zusammen kommen entwickeln sich solche Situationen. Und dann gibt es natürlich Leute,
die meinen mit einer teuren Uhr oder Kameras zur die Homelands oder Favelas spazieren zu müssen.

Man kann allen nur viel Spaß und vor allen Dingen Glück wünschen.

P.S. was machst Du denn dort in Brasilien ? Betreust Du ein Projekt von einem deutschen Anlagenbauer ?

@Kraiburger: ja, die Orte sind alle in Rio, südlich des Zentrums, ganz nahe bei der Catedral (sieht aus wie ein Eimer und wird daher im Volksmund auch „Balde“ genannt, stammt aus der Zeit der Diktatur, außen hässlich, innen imposant), sind die Arcos da Lapa, das ist das Äquadukt, das früher den Stadtteil Carioca (daher haben die Bewohner ihren Namen) aus den Bergen von Tijuca mit Wasser versorgt hat. Die Arcos da Lapa sind für mich ein heimliches Wahrzeichen von Rio de Janeiro (wenngleich nach Zuckerhut und Corcovado), ein schöner Ort, um Rio de Janeiro wirklich zu spüren. Auf der einen Seite direkt, an den Arcos ist der Irish Pub, als wir da zum Karaoke drin waren (1 x pro Woche), sonst wohl live musik, oben drüber eine Art Jugendherberge, hab ich sofort gedacht: das ist ein Ort für den Kraiburger, diverse Biersorten, wenngleich viel brasilianische Plörre, Guinness, internationaler Treffpunkt. Der dürfte natürlich während der WM völlig überlaufen sein. Aber für dich ein MUSS. Dann geht man durch die Bögen hindurch, auch eine Straße führt da durch, und man ist auf der anderen Seite auf der Rua Riachuelo, und da boxt der Papst, da ist wirklich was los, geht man die Straße immer weiter, kommt man in das Viertel Mem de Sa, und dort erlebst du lebendiges Rio de Janeiro. Ipanema ist tot, aber schön, für einen Badeurlaub passend, Copacabana hat seinen eigenen Reiz, aber zum Ausgehen ist es eher fad, wenn du aber da bist unbedingt im Restaurante Viva Flor in der Rua Paula Freitas essen gehen, das war so gut, dass ich nichs anderes mehr wollte, und das zu ganz zivilen Preisen. Überhaupt wirst du europäisches Fleisch nicht mehr richtig mögen, wenn du brasilianisches Rindfleisch gegessen hast :-).

Salvador, da bist du auch: ich wiederhole dass (hat auch Steffie so erlebt) Salvador eine ganz schwierige Stadt ist. Die Wiege Brasiliens, dort sind sie gelandet, vor allem die schwarzen Sklaven (bis hoch nach Porto de Galinhas), die Wiege der brasilianischen Musik, aber eben auch dort, wo die Sklaven ankamen und wo heute der größte Anteil schwarzer Brasilianer lebt. Salvador ist auch ein Clash of Cultures, und ich habe es nicht geschafft, mich wirklich wohl zu fühlen. Es ist nicht richtig feindselig gegen Weiße, aber ich habe konstant „was Negatives“ gespürt.

Fortaleza: der gesamte Nordosten ist sehr arm und die Gewalttätigkeit steigt noch einmal. Streit um eine Frau wird schnell mörderisch, Alkohol ist immer im Spiel, in Fortaleza bin ich am Schluss nicht einmal mehr gerne tagsüber an den Strand Praia do Futuro gegangen, wegen der hohen Gefahr, überfallen zu werden. Wie brutal es werden kann zeigt ein Ereignis im Jahr 1998, als portugiesische Geschäftsleute von ihren brasilianischen „Partnern“ eingeladen wurden, mit Geld dabei. Die Portugiesen sind bei lebendigem Leib im Sandstrand vergraben worden. Als ich in Juazeiro do Norte war, haben mir die Brasilianer noch gesagt, ich solle zu niemandem aggressiv werden (Alltagsaggression, Straßenverkehr z. B.), die Pistolen säßen sehr locker. Trotzdem liebe ich den Nordosten, und wer nicht da war, kennt Brasilien nicht.

@Wuppertaler: 1998 war ich auf einem Kongress in Rio de Janeiro, 1999 dann 3 Monate on tour, wo ich mich auch bei einem Arbeitgeber in Rio erkundigt habe, ob es für mich Verwendung gebe. Ich bin dann in Deutschland geblieben. Das 4:1 gegen den SSV Ulm habe ich im Hotel in Fortaleza gesehen :-). Anschließend zur 500Jahr Feier in 2000 da und dann immer wieder, Schwerpunkt jetzt Rio de Janeiro. Wenn ich noch älter bin als jetzt schon könnte ich mir vorstellen, dort jedenfalls zu überwintern. ich war summa summarum etwa 10, 11 Monate in Brasilien, und es blieb alles im Bereich Urlaub. Und es war sehr viel Verschiednes dabei: Armenviertel in Juazeiro, Arbeiterproteste in Brasilia, ich zunächst unter den Arbeitern, dann reingeschleust im Kongress mit den Abgeordneten (Zufall), Technoparties in Salvador und Fortaleza, Superreiche im Freundeskreis, wie die Eigentümer der Kette Iguatemi, und ganz Arme auch dabei, ein ganz bunter Brasllienmix. Viele Reiche sind fürchterlich borniert und blind für die Probleme ihres Landes. Brasilen hat wirlich ein massives Verteilungsproblem. Ich verstehe vieles nicht und der Alltag ist teilweise fürchterlich anstrengend dort. Und trotzdem ist es schön. Das ist ja diese Ambivalenz mit diesem schönen wilden wirren Land.

Klar tauchen diese Probleme mit Kriminalität dort auf, wo besonders arm auf besonders reich trifft. Südafrika ist da sicher sehr gut vergleichbar.

ach ja, wie du schreibst: wer mit Rolex in die Favela … Es reichen ja bei Frauen Ohrringe die abgerissen werden, dann voluminöse Handtaschen, bei Männern große Kameraausrüstungen. Das zieht automatisch die Blicke auf sich. Auch Smartphones sind für die Ärmsten der Armen immer anziehend. Ich bin in all den Monaten übrigens nicht einmal überfallen worden

Mit Pfeil und Bogen gegen Tränengasgranaten:

[url=‚Demo gegen Fußball-WM: Protest in Brasilia - DER SPIEGEL‘]http://www.spiegel.de/fotostrecke/demo-gegen-fussball-wm-protest-in-brasilia-fotostrecke-115049.html[/url]

@ Menzinger: meld dich bitte mal per PN bei mir…

Gr Little

wiedererkannt?
Kalorien, Kalorien, Kalorien, wie aus einem Windhund ein Mops wurde

Noch was zu Recife, für die Brasilienfahrer. Falls ihr an einem Dienstag in Recife seid, lohnt es sich zur Terca Negra zu gehen (Schwarzer Dienstag), da gibt es wöchentlich Liveauftritte brasilianischer Bands (Eintritt frei) auf einer großen Bühne im Recife Antigo in einer tollen Umgebung mit alter Bausubstanz. Ziemlich gute Atmosphäre. Aber Obacht, Recife ist gefährlicher als Rio de Janeiro. Recife allein bei Nacht macht auch keinen Spaß. An der Strandpromenade gab es mal eine überdimensionale Uhr, die protestierend die Anzahl der Morde p.a. gezählt hat. Strände gibt es fast keine mehr, die wurden von der Strömung weggespült. Die Hinweisschilder auf Haie (Tubaroes) sollte man ernst nehmen. Außerhalb der Riffs ist Schwimmen lebensgefährlich. Ansonsten für einen Strandabstecher sehr lohnenswert Gaibu südlich und noch weiter südlich Porto de Galinhas (Hafen der Hennen), so hieß der Hafen, wo im Nordosten die afrikanischen Sklaven an Land gebracht wurden. In Porto de Galinhas gibt es eine schöne Strandszene, ist aber ohne Mietwagen nicht so einfach zu erreichen, Gaibu auch nicht.

Danke für deine ausführlichen Berichte, Zahlenlöwe, allerdings verstehst Du es wie kein Zweiter einem die Vorfreude komplett zu verhageln. :wink: Ich hatte mich auf schöne Ausflüge an den Strand und nächtliche, gemütliche Barabende gefreut und nun klingt es so, als dass man sich am besten von 19:00 bis 9:00 im Hotelzimmer einschließt, um nicht in 14 Tagen 16 mal überfallen und 3 mal ermordet zu werden. So war der Trip eigentlich nicht geplant :stuck_out_tongue:

Ich schreib’s nicht, um euch den Spaß zu verderben, sondern um zu warnen, wo es notwendig ist. Alles, wo viele Menschen sind, ist ok, überall, wo es nachts voll ist, wird es gut sein, im Irish Pub / Arcos da Lapa in Rio wie bei der Terca Negra in Recife oder im Pirata in Fortealeza, wo ihr garantiert landen werdet. Ganz in der Nähe ist dann noch der Dragao do Mar, das Kulturzentrum, und daneben gibt es eine Barszene, ansonsten Ausugehen in Beira Mar oder wo euch vielleicht Brasilianer mitnehmen. Die werden - Vorfreude erhöhen - ohnehin sehr freundlich zu euch sein. Wie bereits geschrieben wird Deutschland in Brasilien ziemlich verehrt, und die meisten Brasis wünschen sich ein Finale Brasilien Deutschland, trauen aber Deutschland mehr zu als ihrer Selecao. Was die Gefahren betrifft nochmals: wenn es leer wird, ist es Zeit, selbst zu gehen. Ich war 1998, 1999, 2000 sehr sehr gerne an der Praia do Futuro, das ist ein Muss, und wenn es da voll ist ist es fanatastisch. 2003 und 2006 wurde ich vor dem Strand auch tagsüber und unter der Woche gewarnt, jetzt 2013 war es nicht anders. Und wir reden von tagsüber. Nachts ist die Praia do Futoro no go. Solltet ihr als letzte Gäste aus einer der vielen barracas gehen, keinesfalls mit dem Grande Circular Bus in die Stadt fahren, sondern sich von der Barraca aus ein Taxi rufen lassen. Donnerstags gibt es die Carangejos, Krebse, in allen Barracas, das ist ein Festtag. Donnerstag und Sonntag sind die Tage für den Strand in Fortaleza, und dann ist es so schön, wie du es dir wünschst. Ich weiß noch, gerade 1999, Brasilien hört neben nationaler Mucke gerne Doors, Hair (Aquarius), Rock, und dann sitzt du da am Praia do Futuro an deiner Barraca, mit Bier, Caiprinha, leichter Brise, ständig 28 bis 32 Grad und spürst, wie toll es da ist, weit weg von allem, ziemlich gechilled, das war gut und ist unvergessen. Und ihr werdet staunen in Fortalzea /Ceara, dem Estado da Luz, wie hell es ist. Gleißend hell, heiß, windig, fantastisch, bloß eines möchte ich dort nicht machen: Fußball spielen. Das wird Deutschland dort auch spüren, weshalb bei dem Klima für mich Ghana der Favorit ist. Fortaleza ist wie im Heißluftfön sitzen. Und doch: toll.

Gefahren II:
im Februar 2013 bin ich tagsüber durch das bei Pirata liegende kleine Vergnügungseck gelaufen (Praia de Iracema), 12 Uhr mittags, noch keine Turis unterwegs, alles noch zu, und ich hab mit meiner Minikamera fotografiert. Hält plötzlich jemand auf dem Motorrad neben mir, bin zuerst erschrocken, weil ich ins Fotografieren vertieft war. War ein Bulle auf seinem Privatmotorrad, und der meinte nur: lass das, das ist gefährlich. Dann waren wir nachmittags in einer Barraca auf ein paar Biere, ich verlasse den erkennbaren Strandereich, der zur Barraca „gehört“, laufe zum Wasser, vielleicht 30, 40 m weiter, und filme ein wenig mit meiner Minikamera. Kommt sofort ein Barkeeper von der Barraca hinterher und ruft mich zurück: lass das, das ist zu gefährlich. Sorry, das sagen die Brasis zu mir, und kein neurotischer Tourist. Übrigens ist das Meer in Fortaleza durch seine Strömungen tückisch, 1998 sind da zwei Musiker abgesoffen, die stoned schwimmen gehen wollten. Auch so eine Gefahr, die man nicht wirklich sieht.

Rio jetzt gerade Januar 2014. Copacabana ist tagsüber extrem belebt, abends wird es sehr leer, und an der Strandstraße Avenida Atlantica ist nichts mehr los. Kalter Wind vom in Rio ja kalten Meer, kaum Leute, ein paar Nutten an Autos gelehnt, Preise verhandeln, und sonst leer, vielleicht ein paar Polizeifahrzeuge, aber wenige. das war am Abend vor der Abreise, und ich hatte nur das Gefühl gegen Mitternacht: Schnell weg hier.

Passt einfach und bitte auf euch auf. Es ist besser als noch vor 15 Jahren, viel besser, aber es ist nicht gut.

Wahrscheinlich möglicherweise wird aber eh alles andes sein durch ein hohes Aufgebot an Polizisten und die Massen an Fußballfans, die tags und nachts durch Rio pilgern.

Viel Spaß allen WM-Fahrern, Rio Top, Salvador wie geschrieben ziemlich uanngenehm, vor allem im hochgelobten Pelourinho muss man auf sein Zeug aufpassen, Recife find ich eher langweilig, und Fortaleza kann top sein. Ihr werdet berichten

PS: ich hatte ja meine beste Aktion hier schon geschrieben, November 2006 in Recife. Ich fahre nachts von Recife antigo per Taxi nach Boa Viagem, Park Hotel (sehr gut wenn nicht WM), ca. 6, 7, 8 km. erst fährt der Bullenjeep einen km neben uns her und schaut bei uns rein, dann werden wir gestoppt, und die Bullen fragen mich erst, ob bei mir alles in Ordnung sei (nein, erst den Taxler, der daraufhin aussteigen durfte), eindringlich „Wirklich alles ok mit Ihnen?“, gezogene Waffen in der Hand, und dann hab ich gecheckt, das was nicht in Ordnung ist, und bin sorgfältig langsam und „entspannt“ ausgestiegen. Hab erklärt dass ich Tourist bin und ins Hotel fahre. Taxler hat es bestätigt. Mein Fehler: ich habe allein hinten rechts gesessen und hatte meine Hände unten irgendwo zwischen den Beinen baumelnd, also für die Bulle nicht sichtbar was ich tat. Vermutung: Waffe in der Hand und auf den Taxifahrer gerichtet, um das Taxi zu entführen und zu klauen. Weiße Hautfarbe schützt nachts vor diesem Verdacht: Nö.

Ich weiß, dass Du es nur aus besten Absichten schreibst, dafür auch herzlichen Dank. Es hörte sich halt manchmal sehr gespentisch an, „Recife in der Nacht ist kein Spaß“, „Versucht ja nicht zu Fuß aus einer Bar in Fortaleza zu kommen“ etc etc ;)

Dass man in Brasilien vorsichtiger sein muss als in München, ist ja keine Frage. Ich bin auch in Chicago und Detroit (zwei der unsichersten Städte der USA) problemlos zu Fuß heimgegangen, aber die Berichte über Brasilien toppen das Ganze. Daher wird man etwas nachdenklich, wenn es - überspitzt gesagt - heißt, dass man am Barausgang schon auf 5 Cracksüchtige trifft, die statt den freiwillig ausgehändigten 60 Reais lieber die Kreditkarte samt PIN hätten und sie dir deswegen die Kugel durch die Schläfe pusten, weil du sie nicht dabei hast ;) Und genau das haben mir andere Leute gesagt.

Solange man vom gut besuchten Vergnügungsviertel per Taxi ohne Umwege sicher ins Hotel kommt, ist für mich alles in Butter. Ich hatte nicht vor zu Fuß des Nächtens Favelas zu besuchen, und die üblichen „Sicherheitsstandards“ wie nur geschlossenes Flaschenbier, Aufpasser für offene Getränke etc sind eh bekannt.

die Geschichte mit den 5 Cracksüchtigen ist mir neu. die war nicht von mir, oder? :slight_smile: Also ich weiß nur von dem Cracksüchtigen im ehemaligen Cracklandia an den Arcos da Lapa, der halt mitbekommen hat, wie der Franzos zu Tode gestürzt ist aus dem Bondinho, und was hat er gemacht: den Toten ausgeraubt. Es gibt Leute, die meinen, im Tod gäb es keine Probleme mehr. Ich weiß nicht. Aber das Wort ist es, „Crack“, Brasilien hat wie wohl die von dir zitierten US-Städte auch ein mächtiges Crack-Problem, und die Folgen hast du beschrieben. Geldnot, unbedingter Geld"erwerb" koste es was es wolle. Das ist für mich die Hauptgefahr, nicht die 5 14jährigen, die dir am Strand mit den Rasierklingen in der Hand eine Frage stellen :-).

Ausgeraubt werden in Rio oder am Strand läuft auch so. Zwei Brasis setzen sich zu dir (wenn du allein reist), der eine hat die Waffe, und je nachdem wie die Konstellation ist, geht dann der andere mit dem Schlüssel in deine Wohnung oder dein Hotelzimmer (was nicht immer klappen dürfte bei der Hotelorganisation. Das ist eine reale Geschichte. Dafür braucht es nicht die Nacht, sondern eine Einzelperson im Visier.

Aber ich reise ja nicht als Danger Freak hin, sondern weil in der Summe immer das schöne überwiegt. Alleine in Recife oder Fortaleza war ich übrigens immer ab 19 Uhr im Hotelzimmer. Ja, so wie von dir angemerkt.

PS: oh ja, die geschlossenen Flaschenbiere, wie wahr. Dort heißen sie Cinderella-Tropfen und sind gern gesehene Getränkezusätze. Gezapftes Bier geht aber auch, bloß sein Glas abstellen darf man nicht. Aber die Plörre kann man eh nicht trinken. Ich mag Landesbier immer gerne, aber in Brasilien krieg ich regelmäßig Magenschmerzen von Brahma, Kaiser, Antartica, usw. Alles gleich schlecht. Und die Taxis gibt es ja, Taxler fahren vielleicht mal einen kleinen Umweg, aber sonst sind sie ok. Nachts und an Feiertagen gibt es den Tarifbereich 2, ich meine der ist so 15 % teurer als Tarifbereich 1. nicht überrascht sein also, wenn es plötzlich mehr wird.

Dengue-Fieber in Campinas

also: ordentlich Autan einpacken, das ist der beste Schutz vor Dengue im Nordosten (wobei diese Epidemie nahe Sao Paulo ist)

Löw raus… selbstdarsteller…

Damit wir endlich unsren neuen Trainer vorstellen können!

;-)

Der Nasenbohrer streicht den Kevin aus dem Aufgebot.
Der Löw hat gestern erfahren müssen was ihn bei der WM Endrunde in Brasilien erwartet.
Schade für den Kevin.

Macht doch auch keinen Sinn, einen gesunden Stürmer mitzunehmen.

Da fällt mir nichts mir ein.

Im März hat J.L. noch getönt, bei den klimatischen Bedingungen könnten nur absolut topfitte Spieler mitfahren und Jetzt ?

Kann ich nicht nachvollziehen.